SchuldnerAtlas München 2021
München, 24. Februar 2022 – In der Stadt München ist die Zahl der überschuldeten Verbraucher deutlich gesunken. Das ist das zentrale Ergebnis des diesjährigen Creditreform SchuldnerAtlas.
Konsumzurückhaltung bremst Verbraucherüberschuldung
In der Stadt München ist die Zahl der überschuldeten Verbraucher deutlich gesunken. Das ist das zentrale Ergebnis des diesjährigen Creditreform SchuldnerAtlas. Zum Stichtag 1. Oktober 2021 wiesen demnach 98.436 erwachsene Einwohner der bayerischen Landeshauptstadt Überschuldungsmerkmale auf. Gegenüber dem Vorjahr (2020: 108.283 Personen) verringerte sich die Zahl der Überschuldungsfälle deutlich um rund 9.800 bzw. um 9,1 Prozent. Bundesweit war ebenfalls ein spürbarer Rückgang der Überschuldung zu verzeichnen (- 10,1 Prozent).
Philipp Ganzmüller, Geschäftsführer von Creditreform München kommentiert die aktuelle Entwicklung: "Die Verbraucher waren während der Pandemiephase bei finanziellen Ausgaben zurückhaltend“. Zu ungewiss sei die weitere Entwicklung oftmals gewesen. Viele Verbraucher hätten ihre Konsumausgaben zurückgefahren und auch weniger Gelegenheiten zum Geldausgeben gehabt.
Schuldnerquote sinkt deutlich
Mit einer Schuldnerquote von 7,88 Prozent war der Anteil der überschuldeten Personen an der Bevölkerung um 0,85 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr (8,73 Prozent). Die Schuldnerquote in der Stadt München, die sich aus der Zahl der überschuldeten Personen im Verhältnis zur Zahl der erwachsenen Einwohner ergibt, liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Im Bundesdurchschnitt beträgt die Schuldnerquote 8,86 Prozent.
In allen Stadtteilen der bayerischen Landeshauptstadt sind die Schuldnerquoten im Jahresvergleich spürbar gesunken. Den stärksten Rückgang verzeichnete Trudering-Riem (Nord), wo die Schuldnerquote um 1,44 Prozentpunkte auf 10,49 Prozent zurückging. Auch im Stadtteil Isarvorstadt (- 1,18 Prozentpunkte auf 6,19 Prozent) war ein starker Rückgang zu registrieren. Die geringste Verbraucherüberschuldung im gesamten Stadtgebiet weist Obermenzing auf (Schuldnerquote: 4,50 Prozent), am höchsten ist die Schuldnerquote in der Altstadt (13,83 Prozent).
"Trotz der jüngsten positiven Entwicklung darf nicht übersehen werden, dass der Großteil der überschuldeten Personen bereits harte Überschuldungsmerkmale aufweist“, mahnt Ganzmüller. Ein Ausweg aus der Überschuldung werde somit oftmals langwierig und schwierig, wenn bereits gerichtliche Negativmerkmale vorlägen.
60 Prozent der Betroffenen mit hoher Überschuldungsintensität
Die Zahl der Personen mit harten Überschuldungsmerkmalen (u.a. gerichtliche Merkmale wie ein Insolvenzantrag) hat sich zuletzt aber verringert. Insgesamt wurden 58.983 Personen registriert, bei denen bereits eine hohe Überschuldungsintensität messbar war (- 5,0 Prozent). Die Zahl sogenannter weicher Überschuldungsfälle, bei denen die Überschuldung noch nicht zu gerichtlichen Negativmerkmalen geführt hat, nahm indes erstmals seit 2017 ab; von 46.222 auf 39.453 Personen (- 14,6 Prozent). "Die Gefahr, dass sich die Überschuldungstendenzen verstärken und verhärten steigt bei Einkommensverlusten, bei einem Anstieg von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit“, warnt Philipp Ganzmüller.
München Altstadt: Viele Männer überschuldet
In der Stadt München sind 10,38 Prozent der erwachsenen Männer als überschuldet anzusehen. Die Überschuldungsquote lag damit 1,15 Prozentpunkte niedriger als vor einem Jahr (11,53 Prozent). Bei den erwachsenen Frauen wiesen 5,18 Prozent Überschuldungsmerkmale auf. Auch hier ging die Überschuldungsquote zurück (2020. 5,80 Prozent). Auf Ebene der Stadtteile zeigen sich nochmals erhebliche Unterschiede. So sind in der Altstadt 18,65 Prozent der Männer ab 18 Jahre als überschuldet anzusehen. Die höchste Überschuldungsquote der weiblichen Einwohner gibt es im Stadtteil Am Hart: 9,62 Prozent der erwachsenen Frauen und damit jede zehnte gilt als überschuldet. Bundesweit sind 11,07 Prozent der Männer und 6,75 Prozent der Frauen überschuldet.
Hohe Schuldnerquote im Alter von 40 bis 49 Jahren
In allen betrachteten Altersgruppen nahm die Überschuldung ab. Am stärksten verringerte sich die Überschuldungsquote der Altersgruppe der 50 bis 59-jährigen. Innerhalb eines Jahres nahm diese um 0,81 Prozentpunkte auf 9,45 Prozent ab. Auch in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen verringerte sich die Schuldnerquote spürbar (- 0,72 Prozentpunkte auf 7,85 Prozent). Die höchste Schuldnerquote weisen weiterhin Personen im Alter von 40 bis 49 Jahren auf (2021: 10,18 Prozent; 2020: 10,84 Prozent). Somit bleibt private Überschuldung in dieser wirtschaftsaktiven Altersgruppe ein Problem. Bei den Senioren ab 70 Jahre verringerte sich die Schuldnerquote von 4,55 auf 3,92 Prozent. Im Vergleich mit dem Landesdurchschnitt Bayerns (2,47 Prozent) ist die Überschuldungsquote unter den Senioren in München aber hoch. Schließlich weisen 4,84 Prozent der jungen Erwachsenen unter 30 Jahren Überschuldungsmerkmale auf.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: "Trotz des erfreulichen Rückgangs der Schuldnerquote ist festzustellen, dass weiterhin nahezu 100.000 Münchner Bürger*innen von Überschuldung betroffen sind. Dies kommt auch in der hohen Nachfrage nach Schuldnerberatung zum Ausdruck, die 2021 rund 19.000 Ratsuchende in Anspruch genommen haben. In manchen Münchner Stadtteilen sehen wir Überschuldungsquoten zwischen 10 und 14 Prozent, die weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Die nach wie vor anhaltende hohe Überschuldungsquote von Senior*innen in München indiziert, dass es neben vielen Alleinerziehenden und Familien gerade auch für die ältere Generation schwierig ist mit den hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München im Vergleich zu anderen Regionen zurecht zu kommen. Hier müssen bundesgesetzliche Regelungen dringend an regionale Bedingungen angepasst werden, insbesondere im Leistungsbezug. Die Landeshauptstadt München hat an dieser Stelle bereits viele freiwillige Leistungen beschlossen, um Bürger*innen mit niedrigen Einkommen finanziell zu entlasten, nicht zuletzt mit einem freiwilligen Stromkostenzuschuss für hilfeberechtigte Bürger*innen ab Juli 2022.“
Privatinsolvenzen von Selbständigen
Infolge der pandemiebedingten Einschränkungen rückt die Überschuldung von Selbständigen stärker in den Blick. In besonders betroffenen Wirtschaftsbereichen bedrohten Einkommenseinbußen die Liquidität bis hin zur Insolvenz. Creditreform Daten zeigen nun bei etwa 20 Prozent der Privatinsolvenzen in München einen Bezug zu einer unternehmerischen Tätigkeit, beispielsweise als Gesellschafter. Dieser Anteil liegt um 4 Prozentpunkte höher als im Freistaat. Im Schnitt sind die betroffenen Personen mit unternehmerischer Tätigkeit 10 Jahre älter als andere insolvente Privatpersonen. Ihr Haupttätigkeitsbereich war der Dienstleistungssektor.
Methodik: Der Creditreform SchuldnerAtlas München definiert private Überschuldung als einen Zustand, in dem die Einnahmen einer Person nicht mehr ausreichen, um dauerhaft den finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können.
Den Link zur Aufzeichnung unserer Pressekonferenz mit folgenden Referenten-/innen finden Sie hier: https://register.gotowebinar.com/recording/75016801126500108
Philipp Ganzmüller, Geschäftsführer Creditreform München
Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung Verband der Vereine Creditreform
Dorothee Schiwy, Sozialreferentin Stadt München
Marc Wichlajew, Teamleiter Schuldnerberatung Sozialreferat München
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