Creditreform Magazin

Steuerfrei zur Arbeit

Auch außerhalb von Ballungsgebieten droht mittlerweile der Verkehrskollaps. Jetzt sollen Steuervorteile für Jobtickets Berufspendler wieder zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen.


Unser Steuer-Experte:

Bernhard Lindgens ist in der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung im Bundeszentralamt für Steuern in Bonn tätig. Zuvor war er im Bundesministerium der Finanzen für verschiedene Projekte in der Steuerfahndung und Betrugsbekämpfung sowie für den Datenzugriff der Finanzbehörden zuständig.


Die Steuerbefreiung von Arbeitgeberleistungen für Fahrten zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist keine neue Idee. Sie wurde lange Jahre gewährt und erst 2004 gestrichen. Doch angesichts des drastisch gestiegenen Verkehrsaufkommens und der damit verbundenen ökologischen Lasten musste der Gesetzgeber wohl oder übel gegensteuern: Seit dem 1. Januar 2019 bleiben Arbeitgeberleistungen für Jobtickets bei der Lohn­besteuerung und der Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen wieder außen vor. Aber nur dann, wenn die Leistung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Dies setzte nach der bisherigen Finanzrechtsprechung und den geltenden Lohnsteuer-Richtlinien eine freiwillige Leistung voraus, auf die der Arbeitnehmer rechtlich keinen Anspruch hat. Von dieser Vorgabe hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) allerdings kürzlich verabschiedet: Zusätzlicher Arbeitslohn liege vielmehr bereits dann vor, wenn dieser verwendungs- beziehungsweise zweck­gebunden neben dem Arbeitslohn geleistet wird. Nach dieser Rechtsprechungsänderung spielt es somit keine Rolle mehr, ob der Arbeitnehmer auf die Überlassung des Jobtickets oder auf Zuschüsse einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat.

 

Verkehrsmittel richtig wählen

Unter die Steuerbefreiung fallen neben der kostenlosen oder verbilligten Überlassung von Fahrberechtigungen (Einzel-/Mehrfahrtenfahrscheine, Zeitkarten wie Monats-, Jahrestickets und Bahncard 100 oder Ermäßigungskarten wie die Bahncard 50 und 25) auch Zuschüsse des Arbeitgebers zu Fahrberechtigungen, die der Arbeitnehmer selbst erwirbt. Aber Achtung: Zuschüsse zu den Arbeitswegen mit dem privaten Pkw des Arbeitnehmers bleiben auch künftig steuerpflichtig, können aber in Höhe der Entfernungspauschale mit 0,30 Euro pro Entfernungskilometer pauschal mit 15 Prozent lohnversteuert werden.

Seine steuerfreien Leistungen muss der Arbeitgeber im Lohnkonto aufzeichnen und auf der Lohnsteuerbescheinigung ausweisen. Bei Zuschüssen trifft ihn darüber hinaus die Aufbewahrungspflicht der Fahrausweise oder Belege wie Rechnungen oder Bestätigungen des Verkehrsträgers über den Bezug eines Jobtickets. Die schlechte Nachricht dabei: Beim Kauf von Jobtickets und anderen Berechtigungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entfällt der Vorsteuerabzug, da die Beförderungsleistungen laut Umsatzsteuer-Anwendungserlass nicht als Umsätze für das Unternehmen anzusehen sind.

In ihrem Anwendungsschreiben vom 15. August 2019 stellen die Finanzbehörden zudem klar, dass längst nicht alle Verkehrsmittel begünstigt sind. Zwar fallen sämtliche öffentliche Verkehrsmittel einschließlich der Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen mit festgelegten Haltepunkten unter die Steuerbefreiung. Ausgenommen sind neben dem Luftverkehr dagegen für konkrete Anlässe speziell gemietete Busse oder Bahnen. Gleiches gilt für Taxen auf konzessionierten Linien oder Routen, sofern diese nicht ausnahmsweise im Linienverkehr zur Ergänzung oder zum Ersatz öffentlicher Verkehrsmittel eingesetzt werden oder nur gegen einen geringen Aufpreis genutzt werden dürfen.
 

Private Nutzung möglich

Wie der Arbeitnehmer das Jobticket nutzt, ist hingegen unerheblich. Es dürfen andere Personen mitgenommen und Fahrberechtigungen – soweit vom jeweiligen Verkehrsunternehmen zugelassen – übertragen werden. Selbst Privatfahrten der Arbeitnehmer gefährden die Steuerbefreiung nicht, allerdings nur im öffent­lichen Personennahverkehr. Die private Nutzung von Fernzügen der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern sowie von Fernbussen scheidet damit aus.

Sämtliche steuerfreien Leistungen des Arbeitgebers werden selbstredend auf die als Werbungskosten beim Arbeitnehmer abzugsfähige Entfernungspauschale bis auf null Euro angerechnet. Und zwar unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Lediglich bei einem kompletten Verzicht (Fahrberechtigung wird nicht angenommen oder zurückgegeben) sollen die Finanzämter von einer Kürzung der Entfernungspauschale absehen. Ein Nachweis des Nutzungsverzichts ist in diesem Fall ebenfalls im Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzubewahren.


Rechtsgrundlagen

§ 3 Nr. 15 EStG: Steuerbefreiungsvorschrift für Arbeitgeberleistungen (Sach- und Barleistungen)

BMF-Schreiben vom 15. Aug. 2019 (Az.: IV C 5 – S 2342/19/10007 :001) zur Steuerbefreiung von Arbeitgeberleistungen für bestimmte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit Fallbeispielen zur Amortisationsprognose bei Fahrten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit oder Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung

BFH-Entscheidung vom 1. Aug. 2019 (Az.: VI R 32/18) zur Abgrenzung des ohnehin geschuldeten vom zusätzlichen Arbeitslohn

UStAE Abschnitt 15.5 Absatz 1 Satz 2 zum Vorsteuerausschluss bei Beförderungsleistungen zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte


Quelle: Magazin „Creditreform“

Text: Bernhard Lindgens



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