Unternehmensrating: Individuell wie ein Check-up beim Arzt
Viele sehen ein Unternehmensrating nur als Pflichtübung für große Konzerne mit Ambitionen am Kapitalmarkt. Warum es auch für mittelgroße Unternehmen Vorteile hat, sich durchleuchten zu lassen und was damit verbunden ist.
Wie hoch ist mein Ausfallrisiko? Das ist die zentrale Frage, die sich Banken und andere Finanzierungspartner stellen, wenn sie Unternehmen Kapital zur Verfügung stellen. Je nach dessen Bonität werden sie ihre Konditionen bemessen, oder – im schlechtesten Fall – den Kreditwunsch gänzlich abschlagen. Für kapitalsuchende Unternehmen lautet deshalb die Herausforderung: Wie kann ich potenzielle Kreditgeber davon überzeugen, dass ich in der Lage bin, meine finanziellen Verpflichtungen vollständig und fristgerecht zu erfüllen?
Wer das Creditreform Bonitätszertifikat CrefoZert vorweisen kann, verbessert in vielen Fällen seine Verhandlungsposition. Es bescheinigt Unternehmen eine hervorragende Bonität, ein einwandfreies geschäftliches Verhalten und eine sehr gute Zukunftsprognose. Das schafft Vertrauen. Größere Unternehmen, die ihre Finanzierungsbasis neben dem klassischen Bankkredit auf Kapitalmarktinstrumente wie Schuldscheindarlehn, Anleihen oder weitere Finanzierungsquellen wie Leasing ausweiten möchten, legen häufig noch eine besonders tiefgehende Analyse zur Bestimmung ihrer Bonität vor: Sie unterziehen sich einem Ratingprozess.
Jedes Rating ist ein individueller Firmencheck
„Das Procedere ist ähnlich einem Gesundheits-Check-up beim Arzt: Analysten durchleuchten jedes Unternehmen anhand bestimmter Standards und vertiefen zusätzlich einzelne Punkte in Gesprächen mit dem Management. So können sie der Individualität jedes Kandidaten gerecht werden“, erklärt Christian Konieczny, Head of Corporate Finance bei Creditreform Rating. Die Einschätzung der Analysten, inwieweit das Unternehmen aus dem operativen Geschäft heraus hinreichend Profitabilität und Cashflows generiert, um seinen finanziellen Verpflichtungen fristgerecht und vollständig gerecht zu werden, mündet in einer international üblichen Ratingklasse. Diese ist von AAA bis D in 19 Bonitätsstufen, zwei Ausfallstufen sowie die Stufe NR (not rated) unterteilt.
Der Aufwand für das zu bewertende Unternehmen ist überschaubar. „Wir kommunizieren von Anfang an, welche Unterlagen wir benötigen und wie der Prüfprozess abläuft. In der Mehrzahl der Fälle können wir nach vier bis sechs Wochen eine Einschätzung abgeben“, sagt Konieczny. Zu den Unterlagen, die sich – je nach Komplexität – zwei oder mehr Analysten von Creditreform Rating anschauen, gehören Jahresabschlüsse, unterjährige Zahlenreihen und Planungsdaten. Dazu kommen möglicherweise besondere Darstellungen oder Bewertungsgutachten, etwa im Fall von Immobilienunternehmen. Zentraler Bestandteil eines jeden Ratings ist zudem ein Gespräch mit dem Management.
Warum die Ergebnisse von Unternehmensratings immer veröffentlicht werden
Konieczny weist darauf hin, dass die Entscheidung, sich einem Ratingprozess zu unterziehen für ein Unternehmen immer auch mit dem Risiko verbunden ist, weniger gut abzuschneiden als erwartet. Verheimlichen lassen sich unerwünschte Ergebnisse nicht. Creditreform Rating ist verpflichtet, jedes regulatorische Rating zu veröffentlichen. Das dient der Transparenz und Verlässlichkeit. Anderenfalls könnten sich Unternehmen von verschiedenen Ratingagenturen so lange durchleuchten lassen, bis ein für Sie optimales Ergebnis herauskommt und lediglich dieses bekannt machen.
Es gibt jedoch zwei Ausnahmen von der strengen Veröffentlichungspflicht: Private Ratings, die nur einem vorab definierten Investorenkreis zur Verfügung gestellt werden und so genannte Pre-Ratings. „Dabei handelt es sich um eine weniger umfangreiche Prüfung, nach der die Analysten eine Einschätzung abgeben, in welchem Ratingbereich sich ihr abschließendes Urteil voraussichtlich bewegen wird. Dabei wird üblicherweise eine Bandbreite von drei Notches, also drei Abstufungen, genannt“, erklärt Artur Kapica, Senior Rating Analyst bei Creditreform Rating.
Kosten und Nutzen: Für wen lohnt ein Unternehmensrating?
Wann stehen die damit für ein Unternehmen verbundenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag? „Für größere Unternehmen, die beispielsweise eine Anleihe begeben wollen, ist ein Rating nahezu Pflicht. Denn institutionelle Investoren benötigen oft ein Rating, damit sie unter den regulatorischen Rahmenbedingungen, der CRR oder Solvency II, überhaupt investieren können. Dafür wird ein Rating einer ESMA anerkannten Ratingagentur benötigt“, meint Konieczny. Aber auch kleinere Unternehmen ohne aktuelle Ambitionen am Kapitalmarkt könnten mit einem Rating Transparenz zeigen und möglicherweise auch eine positive Entwicklung sichtbar machen. „Viele Unternehmen unterziehen sich aber auch deshalb einem Ratingprozess, weil sie wissen möchten, wie sie von externen Betrachtern eingeschätzt werden. Sie sehen eine Ratingagentur als Sparringspartner, der mögliche Defizite aufzeigen kann“, betont Kapica.
Mit der Bekanntgabe des Ratings ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Jedes untersuchte Unternehmen unterliegt einem Monitoring, das so lange gültig ist, bis Creditreform Rating es aussetzt. Während dieser Zeit beobachten die Analysten das Unternehmen, um sicherzustellen, dass das Rating in seiner Aussage aktuell ist. Ergeben sich im Monitoring wesentliche Ereignisse oder Entwicklungen, die sich positiv oder negativ auf das Rating auswirken, kann die Beurteilung angepasst werden.
Wie ein Ratingurteil entsteht:
Creditreform Rating (CRA) trifft alle Aussagen auf Basis einer Methode, bei der unternehmensspezifische Risikofaktoren unter Zuhilfenahme von qualitativen und quantitativen Ansätzen analysiert werden. Im Fokus stehen folgende Risikobereiche:
Strukturrisiko
Unternehmensstruktur und Organisation
Management und Mitarbeiter
Rechnungswesen und Controlling
Risikomanagement
Geschäftsrisiko
Länderrisiko
Branche
Geschäftsmodell und Strategie
Finanzrisiko
Liquidität und Bilanzstruktur
Unternehmensplanung
Debitoren und Kreditoren
Aktuelle Geschäftsentwicklung und Ausblick
Finanzkennzahlenanalyse
Analytische Betrachtung und Aufbereitung von Jahresabschlüssen
Berechnung und Bewertung ratingrelevanter Kennzahlen
Szenarioanalyse
Wann Creditreform Rating tätig wird
Beauftragte Ratings: Unternehmen erbitten eine umfassende Beurteilung ihrer Bonität und wirken dabei umfassend mit – etwa in Form eines Managementgesprächs.
Unbeauftragte Ratings: Als eine führende europäische Ratingagentur erstellt Creditreform Rating auch unbeauftragte Ratings. Bei dieser Art von Ratings, ist das zu bewertende Unternehmen nicht der Auftraggeber. Unbeauftragte Ratings können jedoch von einem Dritten, meist einer Bank oder einer Versicherung, beauftragt werden. Dann spricht man von beauftragten unbeauftragten Ratings.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Stefan Weber
Bildnachweis: Bild von de.freepik.com/fotos-kostenlos/geschaeftsfrau-die-buch-haelt_1370181.htm
Pressekontakt Regional
Marketing
Tel.: +49 89 189293-663
marketing@muenchen.creditreform.de
Pressekontakt
Patrik-Ludwig Hantzsch
Pressesprecher
Leiter Wirtschaftsforschung
Tel.: +49 (0) 21 31 / 109-172
p.hantzsch@verband.creditreform.de
Twitter: @PtrkLdwg