Vom Shutdown zum Breakdown?
In der Finanzkrise vor rund zehn Jahren war der Begriff „credit crunch“ aufgekommen. Er beschreibt eine Situation, in der die Wirtschaft und die Unternehmen nicht mehr ausreichend mit Krediten versorgt werden können.
Die Sorge ging um, dass sich die Banken, aufgrund der akuten Gefährdung der Unternehmensstabilität, weitgehend aus dem Kreditgeschäft zurückziehen würden. Nur noch „Erste Adressen“ hätten eine Chance, ausreichend an Finanzmittel zu gelangen. Zu einer „Kreditklemme“ ist es in der Finanzkrise nicht gekommen, den Unternehmen standen letztlich ausreichend Fremdmittel zur Verfügung und der Aufschwung ließ nicht auf sich warten.
Finanzkrise und Corona-Krise
Die aktuelle Corona-Krise wirkt in massiver Weise auf das Wirtschaftsgeschehen ein. Lieferketten werden unterbrochen, die Produktion ausgesetzt und der Verkauf eingestellt. All dies dient der Sicherheit der Menschen. Diese Maßnahmen aber werden begleitet von großer Skepsis: Es wird befürchtet, dass zwar die Gesundheit der Bürger gesichert, auf der anderen Seite aber ihre ökonomische Lebensgrundlage zerstört wird. 'Operation gelungen, Patient tot' oder die 'Medizin ist schlimmer als die Krankheit'.
Aber: In den Jahren haben Deutschlands Betriebe enorm an Stabilität gewonnen. Die Eigenkapitalquoten haben zugelegt, die Liquidität und die Spielräume, die sie erlaubt, wurden erweitert. Dennoch geht die Angst um, dass nach dem Shutdown und der aktuellen Einschränkungs-Lockerung die Unternehmen nicht mit genügend Krediten versorgt werden.
In der aktuellen Situation kann eine regelmäßige Untersuchung, die von der KfW und dem Ifo-Institut zusammen aus der Taufe gehoben wurde, vielleicht Anhaltspunkte liefern. Leitend ist die Frage: Wie schätzen die Unternehmen, die in Kreditverhandlungen sind, die Restriktionen von der Bankenseite ein? Wie hoch liegt die Kredithürde? Dabei ist die KfW selbst ein wichtiger Player, wenn es um die Kreditversorgung geht. Staatliche Hilfsprogramme werden von der öffentlichen Bank ausgegeben.
Keine höheren Hürden
Die Antworten der und 9.000 befragten Unternehmen wurden von der Bank positiv bewertet. Anzeichen für eine Verengung bei der Kreditvergabe vermag sie nicht zu erkennen, sprachen doch nur 17 Prozent der Unternehmen von einer restriktiven Kreditvergabe. Dieser Wert liegt auf der Höhe der letzten drei Jahre – nur eine leichte Zunahme um 0,5 Prozent war zu registrieren.
Es sind vor allem die Dienstleister, die, von der Krise betroffen, am ehesten dazu neigten, in den ersten Monaten dieses Jahres eine verstärkte Zurückhaltung bei der Kreditvergabe zu erkennen. Jeder fünfte mittelständische Dienstleister sah Restriktionen. Die wenigsten Schwierigkeiten kommen aus dem Baugewerbe Hier sprachen nur 4,6 Prozent von Problemen. Deutliche Unterschiede stellte die Untersuchung bei der Unternehmensgröße fest: Während über alle Branchen hinweg die Großunternehmen nur zu 10,2 Prozent mit Problemen bei der Vergabe zu kämpfen hatten, sind es bei den KMU 17,2 Prozent. Wie stark ein Kreditzugang von der Unternehmensgröße abhängt, zeigt sich auch innerhalb der Wirtschaftssektoren. Der Bau ist bei den Großunternehmen dreimal so stark von Engpässen berührt wie bei den Mittelständlern. In allen anderen Wirtschaftsbereichen ist das Problem bei der Kreditversorgung eines der mittelständischen Unternehmen. Hervorzuheben ist im Zusammenhang mit den Unternehmensgrößen und der Branche noch das Verarbeitende Gewerbe. Große Unternehmen aus dem industriellen Bereich sprachen zu 13,8 Prozent von Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Krediten. Für die Nicht-Mittelständler ist dies der höchste Wert – und es ist ein Wert, der sich binnen Jahresfrist verdoppelt hat. Hier werden wohl die bereits im vergangenen Herbst einsetzenden Schwierigkeiten im Export und Absatz deutlich.
Staatliche Hilfen sichern Kredite
Die KfW spricht im Zusammenhang mit den Ergebnissen ihrer „Untersuchungen zur Kredithürde“ von einer guten Ausgangslage für die Kreditversorgung der Wirtschaft, vor allem nach der Krise. Allerdings räumt sie selbst ein, dass es wohl noch zu früh ist, um bereits jetzt mit Optimismus von der Lage im zweiten Quartal, wenn das wirtschaftliche Geschehen hoffentlich wieder an Dynamik zugelegt hat, zu sprechen.
Eine Untersuchung von Creditreform Österreich zur Kreditversorgung im Mittelstand, die sowohl zwei Wochen vor als auch zwei Wochen nach dem Shutdown durchgeführt worden war, konnte ebenfalls in den Antworten noch keine signifikanten Unterschiede sehen. Dabei spielt sicher eine Rolle, dass im aktuellen Stillstand möglicherweise noch gar keine Kreditverhandlungen geführt werden. Dass es zu den entscheidenden Bankgesprächen und ihrer Bewertung also erst in einigen Wochen kommen wird. Sicher werden die staatlichen Hilfen, die direkt an die Unternehmen fließen oder die indirekt für die Unternehmen durch die Absicherung von Krediten des Bankhauses zur Verfügung stehen, einiges daran tun, eine Kreditklemme zu vermeiden. Damit wäre ein „fresh start“ ermöglicht. Sonderprogramme, welche die KfW aufgelegt hat, helfen dabei, den kreditvergebenden Instituten ein reduziertes Restrisiko eines Ausfalls von nur noch zehn bis 20 Prozent in Aussicht zu stellen. Auf dass diese Maßnahmen das Vertrauen auf beiden Seiten, bei den Kreditgebern und den Kreditnehmern, erhält.
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