Umweltfreundlich  liefern und   transportieren 

Der Absatz umweltfreundlicher Elektrofahrzeuge stockt. Zwar wollen Handwerker und Lieferdienste sie anschaffen, doch halten sich viele noch zurück. Wie der Umbau der Fahrzeugflotte gelingt.

Die Heidenheimer Zeitung setzt Elektroleichtfahrzeuge ein. Sie zeichnen sich durch einen entscheidenden Vorteil aus: „Unsere Zusteller brauchen weniger Zeit, sind flexibler einsatzfähig und können mehr Leute bedienen“, erklärt Jonas Ott, Abteilungsleiter Vertrieb der Heidenheimer Zeitung. Die Fahrzeuge stehen bei den Zustellern zu Hause und werden dort auch aufgeladen. Der Verlag verfolgt damit außerdem das Ziel, die Auslieferung der Zeitung klimaneutral zu gestalten. Ein möglichst nachhaltiges Auftreten wird für Unternehmen immer wichtiger. Denn immer mehr Menschen kaufen bevorzugt bei umweltbewussten Unternehmen ein. 

„Firmen zeigen zunehmende Bereitschaft, ihre Fahrzeugflotten auf Elektrofahrzeuge umzustellen“, sagt Michael Kremer, Sprecher der Initiative Elektromobilität.NRW. Unter diesem Namen bündelt das Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalens Aktivitäten im Hinblick auf Elektromobilität. „Hauptgrund für die Umstellung sind Kosteneinsparungen bei Betrieb und Wartung, ein stetig wachsendes Umweltbewusstsein sowie die gesetzlichen Vorgaben zur CO2-Reduktion“, fügt Kremer hinzu. Bislang galten fehlende Ladesäulen als Hindernis, das gegen die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs spricht. „Die Infrastruktur hat sich in den vergangenen Jahren stark verbessert. Das stellt meist kein Hindernis mehr dar“, sagt Julia Maulhardt aus Hameln, die als Beraterin für Elektromobilität Unternehmen beim Umbau ihrer Fahrzeugflotte begleitet. Viele Handwerker und Lieferdienste tun sich mit dem Umstellen aber nach wie vor schwer. „Das abrupte Ende der Förderung bei der Anschaffung von Elektroautos hat den Absatz einbrechen lassen“, erklärt Maulhardt. Die Bundesregierung hat das Förderprogramm für klimaschonende Nutzfahrzeuge eingestellt. Die Folge: Im Mai 2024 wurden nur noch 30.000 Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen. Bei insgesamt 236.435 Pkw-Neuzulassungen bedeutet das einen Marktanteil von lediglich 12,6 Prozent. 

Dennoch sind Experten optimistisch, dass der Absatz wieder steigt. „Im Bereich der Nutzfahrzeuge hat sich das Angebot in den letzten Monaten deutlich vergrößert“, beobachtet Maulhardt. Mittlerweile werden die meisten Diesel- und Benzin-Fahrzeuge auch als Elektro-Version angeboten. „Langfristig liegen die Gesamtkosten eines Elektrofahrzeugs über die gesamte Laufzeit unter den Kosten eines Autos mit Verbrennungsmotor“, sagt die Expertin. So planen von den Transportunternehmen in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien, die noch keine Elektrofahrzeuge einsetzen, 59 Prozent, dies in den kommenden Jahren nachzuholen. In Deutschland sind es sogar 74 Prozent. Das geht aus einer Befragung des Centre for Economics and Business Research (CEBR) unter 1.000 gewerblichen Transportunternehmen ein.  

Viele Handwerker und Lieferdienste wissen jedoch nicht, wie sie bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge vorgehen sollen. Rechtzeitig zu planen und flexibel zu bleiben, sind die Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation (siehe Kasten). Und auch wenn die Bundesregierung ihr Förderprogramm eingestellt hat, unterstützen die Bundesländer noch beim Kauf oder Leasing. Für Unternehmen kann es sich bezahlt machen, spezialisierte Berater einzuschalten, um das beste Förderprogramm und einen Plan für den Umbau der Flotte aufzustellen. Die Kosten für die Beratung werden zum Teil erstattet.  

Beim Umbau der Fahrzeugflotte sollten Unternehmen aber nicht nur Kosten und Effizienz im Blick haben. Sie sollten von Anfang an die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigen. Denn diese müssen die Veränderung mittragen und ein Elektroauto im Arbeitsalltag nutzen. Ein guter Anreiz ist etwa die private Nutzung des dienstlichen Elektrofahrzeugs. Schließlich kann nachhaltige Mobilität dazu beitragen, die Mitarbeiterbindung zu stärken. Denn immer mehr Menschen legen Wert darauf, bei einem nachhaltigen Unternehmen zu arbeiten.

Wie Unternehmen ihre Fahrzeugflotte umbauen

Worauf Unternehmen bei der Transformation ihres Fuhrparks achten sollten, erklärt Jörg Thomassek, Senior Consultant Fuhrparkmanagement bei der Deutschen Leasing.  

Tipp 1: Rechtzeitig planenWer ein E-Auto bestellt, muss nach wie vor mit Lieferproblemen rechnen. Lieferzeiten von zwei Jahren oder länger sind keine Seltenheit. Unternehmen sollten entsprechend planen: „Unternehmen sollten frühzeitig dafür Sorge tragen, wenn sie ein Fahrzeug ersetzen müssen“, sagt Thomassek.  

Tipp 2: Flexibel bleibenDas Angebot an Elektrofahrzeugen wächst stark. Daher sollten Unternehmen flexibel bleiben, rät Thomassek: „Es ist nicht ratsam, eine feste Quote für den Anteil von Verbrenner- oder Elektrofahrzeugen festzulegen, weil sich das Umfeld praktisch täglich ändert.“ Es kommt auf den Einzelfall an: Ein Handwerker, der täglich lange Strecken fährt, benötigt ein anderes Fahrzeug als ein Verwaltungsmitarbeiter.  

Tipp 3: Verbrenner berücksichtigenThomassek empfiehlt einen flexiblen Ansatz: „Es kommt auf einen guten Mix an, der auch von der Laufleistung der Fahrzeuge abhängt.“ So ließen sich bei einer jährlichen Fahrleistung bis 25.000 Kilometer Elektrofahrzeuge gut einsetzen. Wenn Handwerker oder Lieferdienste mit einem Fahrzeug mehr Kilometer pro Jahr fahren, können Verbrenner oder Hybridmotoren sinnvoller sein.  

Tipp 4: Lademöglichkeiten planenSpezielle Förderprogramme, die die Bundesländer auflegen, unterstützen den Aufbau einer Ladeinfrastruktur im Unternehmen. Auch Ladestellen am Wohnsitz des Mitarbeiters sind eine Möglichkeit. „Hier ist eine juristische und steuerrechtliche Beratung zwingend erforderlich“, sagt Thomassek.  

Tipp 5: Modellauswahl erweiternViele Handwerker und Lieferdienste bevorzugen Fahrzeuge von deutschen Herstellern. „Öffnen sie sich für Anbieter aus dem Ausland“, rät Thomassek. Viele Unternehmen könnten die Modelle der chinesischen Hersteller nicht einschätzen. Sie sollten bei der Auswahl von Fahrzeugen auch daran denken, dass ein Servicestandort vorhanden ist, damit das Auto gewartet und repariert werden kann. 

Durchblick im Förderdschungel behalten

Zwar wurde die direkte Förderung von Elektrofahrzeugen abgeschafft, dennoch können Unternehmen Förderprogramme in Anspruch nehmen. Die Förderbank KfW bietet Unternehmen den „Investitionskredit Nachhaltige Mobilität“. Dabei erhalten sie zinsgünstige Kredite für nachhaltige und klimafreundliche Mobilitätsprojekte. Beim Programm „Klimaschutzoffensive für Unternehmen“ fördert die KfW Anlagen von Unternehmen zur Produktion erneuerbarer Energien. Mit diesen Anlagen können Unternehmen ihre Elektrofahrzeuge aufladen. Bundesländer und Kommunen unterstützen Unternehmen beim Aufbau ihrer Flotte und Ladeinfrastruktur. So fördert zum Beispiel Baden-Württemberg die Kosten für den Unterhalt und den Betrieb von gekauften, geleasten oder gemieteten umweltfreundlichen Nutzfahrzeugen. Die Fahrzeuge müssen überwiegend in Baden-Württemberg im Einsatz sein. Das Bundesland unterstützt auch Umrüstungen. So ist bei Fahrzeugen ohne Bundesförderung ein Zuschuss von bis zu 60.000 Euro möglich. 


Quelle: Magazin "Creditreform"
Interview: Dirk Wohleb 
Bildnachweis: Petmal / iStock