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"Promi-Pleiten" nehmen deutlich zu

Insolvenzen gehören zur Marktwirtschaft. Unternehmen, die nicht marktgerecht agieren, die Fehler in der Finanzierung machen, müssen austreten. Sie werden durch Neugründungen ersetzt, die innovativer, agiler und finanzstärker sind.

Dieses Gleichgewicht einzuhalten, stellt den Idealfall dar. Tatsächlich verdienen viele Unternehmen in der Krise eine zweite Chance – auf der anderen Seite werden Betriebe gegründet mit Ideen, die nicht tragfähig sind und rasch wieder verschwinden. Das aktuelle Insolvenzgeschehen und die Gründungsszene spiegeln, wie schlecht es aktuell um die deutsche Wirtschaft steht. Die Insolvenzzahlen schießen in die Höhe, die Zahl neugegründeter Unternehmen fällt von Jahr zu Jahr.

Die Unternehmenslandschaft dünnt aus

Besonders prekär bei den Unternehmensinsolvenzen ist die Tatsache, dass in steigendem Maße große Unternehmen betroffen sind. Immer noch wird das Insolvenzgeschehen im Ganzen von eher kleineren Betrieben bestimmt. Über 80 Prozent der Insolvenzen im Jahr 2024 zählen höchstens 10 Mitarbeiter. Ihre Zahl ist von 14.830 auf 18.220 Betriebe angestiegen – dieser Anstieg um knapp 23 Prozent liegt entsprechend etwa auf der Höhe der gesamten Steigerung der Unternehmensinsolvenzen. Aber Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten haben um über 44 Prozent zugelegt. Waren es im Vorjahr noch 90 Unternehmen in dieser Größenklasse, so sind es 2024 130. Die Größenklassen werden in Anlehnung an das Handelsgesetzbuch bestimmt. Große Unternehmen sind demnach solche, die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: Bilanzsumme über 20 Mio. Euro, Umsatzerlöse von mindestens 40 Mio. Euro in den vergangenen zwölf Monaten oder im Jahresdurchschnitt mehr als 250 Arbeitnehmer.

Unter den großen Insolvenzen finden sich manche „Hidden Champions“, aber auch klangvolle Namen, deren drohendes Aus für Schlagzeilen sorgte. Gleich zu Jahresanfang sorgte GALERIA, vormals GALERIA Karstadt Kaufhof, mit dem dritten Insolvenzantrag in wenigen Jahren für kritische Fragen. Der Investor Benko war als vermeintlicher Retter ausgefallen. Auch die staatlichen Hilfen wurden angesichts der gesamten Krise der Kaufhäuser in Frage gestellt. Leitend war wohl der Gedanke, dass den rund 12.000 Beschäftigten geholfen werden muss. Mitte des Jahres wurde von den Gläubigern der Sanierungsplan durchgewunken – nun regiert das Prinzip Hoffnung. An zweiter Stelle der großen Insolvenzen des Jahres 2024 steht im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl die FTI Touristik GmbH mit über 8.000 Angestellten. Auch hier waren Hunderte Mio. Euro staatlicher Hilfsgelder geflossen und die Sanierer mussten sich viele Fragen gefallen lassen. Es ging auch um die öffentliche Wirkung – Tausende von gebuchten Reisen „standen im Feuer“ und Touristen bangten um ihr Geld, das sie für den Urlaub gezahlt hatten. Der AWO Bezirksverband Ostwestfalen Lippe geriet mit seinen Alten- und Pflegeheimen in die Krise, weil deutlich steigende Lohnkosten, höhere Anforderungen an die Pflege und schließlich der Wettbewerb den Erfolg dieser Institutionen trübte. Hier waren ca. 6.500 Mitarbeiter betroffen (immerhin 4.000 können in der Sanierung ihres Unternehmens weiterarbeiten). Die Krise im Gesundheitswesen traf auch die REGIOMED-Kliniken mit mehr als 5.000 Mitarbeitern. Aber auch hier wurden Investoren gefunden, die dafür sorgen, dass nicht nur keine Arbeitsplätze verloren gehen, sondern auch die Einrichtungen für die Gesundheitspflege in der Region erhalten bleiben.

Wie geht es weiter für Zulieferer und den Modehandel?

Zwei klangvolle Namen stehen für die schwierige Situation einer weiteren Branche: Die SiNN GmbH und Esprit Europe mussten ein Insolvenzverfahren anstrengen. Bei beiden geht es weiter, aber Standortschließungen sind im Zuge der Restrukturierung unausweichlich. Der Textileinzelhandel und einige Modelabel sind in der Krise und vom schwachen Konsum an den Rand gedrängt worden. Wer in der Branche neue Trends nicht früh genug erkennt, wer online auch nicht stark vertreten ist und wer schließlich nicht mehr die Aufmerksamkeit der Käufer findet, floriert nicht mehr. Für die Krise der Automobil-Zulieferer steht der Insolvenzantrag der Gerhardi Kunststofftechnik GmbH mit rund 1.500 Beschäftigten. Dieser Betrieb ist nicht der einzige, den die steigenden Kosten auf der einen Seite und der sinkende Absatz auf der anderen Seite Probleme machten. Auch die Händler von Inneneinrichtungen müssen in Zeiten von schwachem Konsum kämpfen. Unter dem Markennamen Depot verkaufen mehr als 3.000 Mitarbeiter für die Gries Deco Company Wohnaccessoires und Kleinmöbel in rund 500 Einzelhandels-Filialen.

Große Insolvenzen, große Schäden

Auch die Restrukturierungsberatung FalkenSteg kommt in ihrem Insolvenzreport von Anfang des Jahres 2024 für das Jahr 2023 mit 158 Großunternehmen, die Insolvenz anmeldeten, bereits auf eine Steigerung von 22 Prozent. Der aktuelle Bericht für das Gesamtjahr 2024 liegt noch nicht vor, aber bereits für das vierte Quartal des Vorjahres sprechen die Berater von einem konstant hohen Niveau bei den großen Insolvenzen – nach dieser Definition mit einem Umsatz von mehr als 20 Mio. Euro. Doch diese Stabilität darf nicht täuschen, mit 35 Großinsolvenzen im Quartal liegt die aktuelle Zahl für den Herbst des Vorjahres um 28 Prozent höher. „Besonders betroffen waren im dritten Quartal Unternehmen mit einem Umsatz von über 100 Mio. Euro. In dieser Kategorie stieg die Zahl der Insolvenzen von 9 auf 14.“ Jonas Eckhardt von FalkenSteg führt dazu aus: „Die erneut gesenkten Konjunkturprognosen zeigen die weitere Talfahrt der deutschen Wirtschaft und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Menschen haben einfach weniger Geld und das halten sie zusammen. Investitionen werden auch von den Unternehmen auf längere Zeit verschoben.“ Dies ist ein Statement für 2023, an dessen bitterer Wahrheit sich auch 2024 nichts geändert hat und an dem wohl auch für 2025 festzuhalten ist.

Quellen: Creditreform, FalkenSteg GmbH