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Trend: Schulden unterm Weihnachtsbaum

Die Verbraucher halten sich zurück. Deutschlands Konjunktur leidet auch unter dem Konsumverzicht der Bürger. Trotz der realen Lohnsteigerungen können sie sich nicht zu den Ausgaben entschließen.

Für viele Händler ist das Weihnachtsgeschäft die umsatzstärkste Zeit des Jahres. Und die Adventswochen verliefen zunächst dürftig. Der Präsident des Einzelhandelsverbandes Deutschland (HDE) führte aus: „Die Stimmung ist schlecht, wegen der Kriege in der Welt und der politischen Unwägbarkeiten in Deutschland. Das schlägt den Konsumenten aufs Gemüt.“ Noch liegen die endgültigen Zahlen nicht auf dem Tisch, doch es ist bereits abzusehen, dass Umsätze und Gewinne wohl höchstens auf dem Niveau von 2023 verharren. Tatsächlich ist für den Handel mit Weihnachten das Jahr noch nicht beendet. Vor dem Jahreswechsel wird nicht nur umgetauscht, sondern werden auch Gutscheine eingelöst und Bargeld-Geschenke für den Einkauf genutzt.

Rückzug auf die Familie

Aber nicht alle Branchen des Handels sind gleichermaßen betroffen. In den Spielzeuggeschäften wird weiterhin für die Kinder eingekauft, und auch der Parfümerie- und Kosmetikhandel zeigt sich zufrieden. Das gilt auch für Schmuck und Uhren – hier nennt der Verband zufriedenstellende Zahlen und dies auch vor dem Hintergrund eines glänzenden Geschäfts in den beiden Vorjahren. Auch die Branchen zeigen ein Bild, wie es typisch ist für Krisen. Angesichts der Bedrohungen am Arbeitsmarkt, nicht endenden Kriegen in Osteuropa sowie dem Nahen Osten und schließlich der Unwägbarkeiten der politischen Zukunft in den USA und in Deutschland, ziehen sich die Menschen auf die Familie zurück. Gekauft werden Düfte sowie Schmuck und für die Kinder Spielsachen. Da wird Weihnachten wieder ein Familienfest. Immerhin kam es zuletzt doch noch zu einem Endspurt und der HDE spricht davon: „Nach zunächst enttäuschenden Dezemberwochen hat das Weihnachtsgeschäft in der letzten Adventswoche etwas Fahrt aufgenommen. Mehr als jedes vierte befragte Unternehmen ist mit der Woche zufrieden.“ Ein Anteil, der nicht besonders groß ausgefallen ist.

In Nürnberg ist nicht nur ein berühmter Weihnachtsmarkt angesiedelt, sondern auch das renommierte Institut für Konsumforschung, GfK und NIM. Die regelmäßigen Befragungen der Verbraucher nach ihrer Konsumstimmung sind neben den harten Zahlen aus dem Online-Geschäft oder dem stationären Handel ein sicherer Indikator für die Kauflaune der Deutschen. Das Barometer für das Konsumklima sank im Dezember noch einmal deutlich auf ein Minus von 23,3 Punkten. Diese Zahl stellt nicht nur eine Verschlechterung gegenüber November dar, sondern auch den niedrigsten Wert seit dem Mai des Jahres 2024. Angesichts der Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, die um die Nulllinie bewegen und vieler Hiobsbotschaften kommt das Konsumklima nicht auf die Beine. Die steigenden Insolvenzen sind das letzte Beispiel schlechter Nachrichten, welche die Verbraucher nicht nur mit einem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes in Verbindung bringen, sondern deren Zunahme bei den Privatinsolvenzen 2024 um 8,5 Prozent auf über 72.000 Betroffene Angst macht und antreibt, sich vor allem vor Schulden zu schützen. Das sind nicht mehr Ratenzahlungen wie früher, sondern der Online-Handel, bei dem der Geldschein nicht über die Theke gereicht wird. Das Statistische Bundesamt hat eine Untersuchung zum Kaufverhalten der Deutschen vorgelegt: Die 16- bis 20-Jährigen haben zu 83 Prozent schon einmal im Internet bestellt. Natürlich unterscheiden sich hierbei die Altersklassen. So sind es bei den bis 54-Jährigen rund 90 Prozent, bei den bis 74-Jährigen nur 73 Prozent. Und das sind nicht nur die immer beliebter werdenden Bestellungen in der Online-Apotheke, sondern die ganze Palette der Konsumwelt von Spielen bis zu Eintrittskarten.

Wie wird gezahlt?

Verschuldung bis zur Überschuldung im Online-Handel? Dies hängt auch unmittelbar mit der Form des Bezahlens zusammen. Das Vergleichsportal Verivox hat untersucht, wie in Deutschland an der elektronischen Kasse bezahlt wird. Bei kleinen Beträgen steht PayPal an erster Stelle. Doch wenn die Rechnung bei über 1.000 Euro liegt, dann bevorzugen die Kunden den Kauf auf Rechnung. Wegen der Zahlungsfrist wird ein längeres Schuldverhältnis eingegangen, die Lieferung ist Vertrauenssache und wird durch eine Bonitätsauskunft in vielen Fällen abgesichert. Ein Drittel der Befragten bevorzugt den Rechnungskauf bei einem Warenwert von über 1.000 Euro. PayPal kommt hier nur bei rund 20 Prozent der Befragten zum Zuge. Bei Waren mit hohen Preisen fühlen sich die Besteller weniger unter Druck, wenn es um die Prüfung der Sendung geht und möglicherweise um ein Zurückschicken. Ein wichtiger Aspekt für den Käufer im Online-Handel ist auch die Sicherheit beim Einkauf. So geben entsprechend 54 Prozent der Befragten an, dass sie einen Kauf auf Rechnung als sehr sicher empfinden, PayPal folgt mit rund 35 Prozent und die Lastschrift mit knapp 30 Prozent.

Innerhalb von fast zehn Jahren hat sich der Umsatz im E-Commerce von 47 Mrd. Euro (2015) auf 83 Mrd. Euro (2023) gesteigert. Zahlungsdienstleister wie etwa Klarna bieten zudem die Möglichkeit, die Zahlung aufzuschieben. Geworben wird mit dem Slogan: „Buy now, pay later.“ Wohin dies führen kann, zeigen die amerikanischen Verbraucher, die allerdings auch deutlich konsumorientierter und schuldenaffiner als die deutschen sind. In den USA hat fast jeder dritte Besteller schon einmal sein Zahlungsziel nicht einhalten können, aber auch in England sind 10 Prozent der Kunden säumig geworden. Für Deutschland liegen keine exakten Zahlen vor, allerdings zeigen die Hinweise aus der Situation der Überschuldung im SchuldnerAtlas mit Millionen Betroffenen, dass dieses Thema auch hierzulande eine immer größere Rolle spielt. Bezeichnend ist, dass die jüngsten Zahlen mit einer Stagnation und in manchen Regionen sogar mit Rückgängen Ausfluss einer Konsumangst sind, die sich auch auf die Bereitschaft, später zu zahlen, niederschlägt. Bei der Überschuldung ist besonders zu beachten, dass der aufgeschobene Bezahlvorgang zu hohen Zinsen und Nebenkosten führen kann, die den Einkauf noch deutlich verteuern. In Zeiten von Black Friday wird gewarnt, verantwortungslos nach Schnäppchen zu jagen, die möglicherweise nicht einmal günstiger sind. Da ist das Einkaufserlebnis auf Weihnachtsmärkten oder in Shopping Malls nicht nur wegen der Stimmung vorzuziehen.

Quellen: GfK, HDE, NIM, Statistisches Bundesamt, Tagesmedien