16,4 Millionen Haushalte betroffen - Pandemie reißt Löcher in private Budgets
Die Pandemie hinterlässt tiefe Spuren in den Budgets der deutschen Haushalte. In einer repräsentativen Umfrage von Creditreform Wirtschaftsforschung und Boniversum beklagten fast 40 Prozent der Verbraucher Einkommenseinbußen, die auf die Corona-Krise zurückzuführen sind. Zu den Betroffenen zählen neben Kurzarbeitern immer häufiger auch Minijobber und Solo-Selbstständige. Eine Trendwende sehen die Autoren vorläufig nicht. Im Gegenteil: Sie erwarten, dass zunehmender finanzieller Stress spätestens 2023 zu einem deutlichen Anstieg der privaten Überschuldungen führen wird.
Immer mehr Menschen müssen infolge der Pandemie auf Teile ihres Einkommens verzichten. „Ende April 2021 hatten 16,4 Millionen Haushalte weniger Geld zur Verfügung. Das waren rund 1,7 Millionen mehr als bei unserer vorangegangenen Befragung im Oktober 2020“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Neben Geringverdienern spüren immer häufiger auch Normalverdiener die Folgen der Corona-Krise. Hauptauslöser für Einkommenseinbußen sind Kurzarbeit und der Verlust des Minijobs. Gleich dahinter nannten die Befragten Probleme mit einer selbstständigen Tätigkeit und Arbeitslosigkeit. Die möglichen Folgen schmaler gewordener Budgets sind gravierend. Fast jeder dritte Befragte fürchtete, in den nächsten zwölf Monaten regelmäßige oder außergewöhnliche Verbindlichkeiten des eigenen Haushalts nicht bezahlen zu können. Hierzu gehörten vor allem Kosten für Elektrizität und Heizung, dringende und notwendige Anschaffungen für Haus oder Wohnung sowie Mietkosten. Gut zehn Prozent der Befragten räumten ein, in den vergangenen zwölf Monaten schon einmal das Gefühl gehabt zu haben, dass ihnen die finanziellen Verbindlichkeiten über den Kopf wachsen.
Erhöhte Sparneigung und Verzicht …
Das geringere Haushaltsbudget sowie die Furcht vor drohenden Zahlungsproblemen veranlassen viele Verbraucher, ihre Ausgaben zu reduzieren. 57 Prozent der Befragten gaben an, krisenbedingt weniger Geld ausgeben zu wollen, also die Ausgaben für Konsum und Lebenshaltung zu reduzieren. Hochgerechnet sind das 23,7 Millionen Haushalte. Ganz oben auf der Streichliste stehen Ausgaben für Freizeit und Urlaub sowie für Bekleidung und Heimtextilien. Gleichzeitig hat die Corona-Krise viele Verbraucher veranlasst, regelmäßig Geld zur Seite zu legen. „Der Anteil regelmäßiger Sparer ist im April 2021 auf den höchsten Stand seit Beginn unserer Umfragen im Oktober 2010 gestiegen“, erläutert Stephan Vila, Geschäftsführer der Creditreform Boniversum GmbH. In Abhängigkeit von der persönlichen Einkommenssituation schwankt der Anteil der regelmäßigen Sparer zwischen 20 Prozent bei Geringverdienern und mehr als 60 Prozent bei Gutverdienern.
… führen zu diffuser Konsumlust bei Verbrauchern
Die aktuellen Daten zeigen allerdings auch, dass viele Verbraucher in Deutschland Nachholbedarf beim Konsum haben. Fast 40 Prozent der Verbraucher gaben an, in den nächsten Monaten mit Hilfe von Krediten Anschaffungen für den Haushalt zu tätigen. Das sind gut acht Prozentpunkte mehr als im Oktober 2020. Häufiger als je zuvor kündigten die Befragten „sonstige Anschaffungen“ an. „Dies kann als Zeichen für eine diffuse Konsumlust interpretiert werden, mit der Verbraucher die Zeit überwinden wollen, in der Konsum nicht oder nur online möglich war. Sie wollen das Corona-Konsum-Trauma hinter sich lassen“, sagt Stephan Vila.
Die staatlichen Hilfsprogramme sorgen nach Einschätzung von Creditreform und Boniversum dafür, dass viele Verbraucher erst mit Zeitverzug in die Überschuldung geraten werden. „Die tatsächlichen Nachwirkungen der Pandemie werden erst im Nachgang zum Ende der staatlichen Hilfen eintreten. Höchstwahrscheinlich wird die Spitze der Neuverschuldung erst nächstes oder übernächstes Jahr erreicht werden“, erwartet Patrik-Ludwig Hantzsch.
Zur vollständigen Untersuchung geht es hier.