Startup versus Registereintrag - die Zukunft der Unternehmen
Zu den Befürchtungen über die langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise gehört die Angst, dass die Neugründungen von Unternehmen abnehmen könnten.
Angesichts der Krise und der, hoffentlich nur zeitlich begrenzten, Schließung von Betrieben mag die Zuversicht schwinden, dass sich unternehmerische Selbstständigkeit noch lohnt. Wie steht es nach dem ersten Jahr der Pandemie um die Zahl neugegründeter Unternehmen und um das Überleben der jungen Betriebe?
Weniger Initiative
Eine Antwort darauf fällt unterschiedlich aus – je nachdem, ob man Hightech-Unternehmen betrachtet oder die Gründungen insgesamt. Unterschiedlich ist auch, wie gerade der Fortbestand in den zukunftsorientierten Sektoren in den einzelnen europäischen Ländern ausfällt. Zu der gesamten Zahl der Gründungen in Deutschland stellt das Statistische Bundesamt Zahlen zur Verfügung, zu den Startup-Unternehmen äußert sich die Unternehmensberatung Ernst & Young.
In Deutschland hat sich der negative Trend bei den Neugründungen auch 2020 fortgesetzt. Allerdings hat sich diese Entwicklung durch Corona beschleunigt: Waren 2019 im Vergleich zum Vorjahr noch 0,1 Prozent weniger Gründungen zu registrieren, so betrug die Abnahme 2020 gegenüber dem Vorjahr minus 4,5 Prozent. Wie deutlich die Pandemie auf das deutsche Gründungsgeschehen durchgeschlagen hat, zeigt ein differenzierter Blick auf die Monate des Jahres 2020. Waren es im Januar und Februar noch 2,3 Prozent weniger Gründungen, so betrug das Minus in den restlichen zehn Monaten 5,0 Prozent. Anzufügen ist, dass in diese Rechnung von Destatis nur größere Gründungen mit einem entsprechend starken wirtschaftlichen Gewicht eingehen. Entscheidend für die Zählung ist, ob der Betrieb im Handelsregister eingetragen wird oder ob etwa eine Handwerkskarte vorliegt. Nebenerwerbsgründungen, die im Übrigen zugenommen haben, werden also nicht einbezogen. In diesem Sinne „größere Betriebe“ sind unter anderem wichtig für die Schaffung neuer, zukunftsorientierter Arbeitsplätze. Insgesamt wurden 2020 rund 658.000 Gewerbeanmeldungen registriert – das waren 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Dem steht eine Zahl vollständiger Gewerbeabmeldungen von gut 425.000 Betrieben gegenüber. Unternehmen mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung nahmen um 88.000 Betriebe ab – das waren 11,2 Prozent weniger als im Jahr 2019.
Durchhalten im Lockdown
Sollte die Krise nicht zu mehr Abmeldungen führen? Oder schaffen die staatlichen Hilfsmaßnahmen nicht nur Stabilität im Hinblick auf die Zahl der Insolvenzen, die ebenfalls zurückgehen, sondern sichern sie auch das Überleben und verhindern die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit in der Krise? Das Statistische Bundesamt macht für den Rückgang bei An- und Abmeldungen ganz entscheidend die Einstellungen des Besucherverkehrs und Personalengpässe bei den Gewerbeämtern verantwortlich. Insgesamt dürften eine allgemeine „Schockstarre“, eine Lethargie und ein Abwarten für die Rückgänge im Gründungs- und Löschungsgeschehen in Deutschland verantwortlich sein.
Finanzierungsrunden auf Rekordhöhe
Ein ganz anderes Bild zeigt das Startup-Barometer von Ernst & Young. Hier werden zwar keine Gründungen (und Schließungen) aufgeführt, wohl aber die Finanzierungen neuer Hightech-orientierter Betriebe. Zur Finanzierung ihrer Expansion brauchen die Startups immer neue Finanzierungsrunden – und diese haben 2020 geradezu sprunghaft zugenommen. Fast 6.700 Deals wurden im Vorjahr durchgeführt – das sind 58 Prozent mehr gegenüber 2019. Ein deutliches Plus ist beim Wert der Finanzierungsrunden festzustellen: Sie stiegen um 17 Prozent – es wurden über 36 Milliarden Euro eingesammelt.
Nicht nur bei Corona, auch durch den Brexit hatte Großbritannien zu leiden. Wenn es jedoch um Investitionen in Startups geht, liegt das Land weit vor allen anderen europäischen Staaten. Das Finanzierungsvolumen im Vereinigten Königreich steht mit fast 14 Milliarden Euro deutlich vor Deutschland, das immerhin an zweiter Stelle des europäischen Rankings liegt und dessen Startups 5,3 Milliarden Euro eingesammelt haben. Allerdings bleibt für Deutschland ein Wermutstropfen, denn während alle anderen europäischen Länder ein Plus beim Investitionsvolumen gegenüber 2019 registrieren konnten, hatte man hierzulande eine Abnahme hinzunehmen.
Sicher ist man in Großbritannien traditionell risikofreudiger, aber dennoch gelingt es auch in Deutschland den Startups, Risikokapital auf sich zu ziehen. Während die Corona-Krise beim allgemeinen Gründungsgeschehen zu einem Abwarten führt, treibt es junge Hightech-Unternehmen an. Tatsächlich hat die Pandemie deutlicher gemacht, wie wichtig die Digitalisierung, die Sicherheit von Lieferketten und der Aufbau von IT-Netzwerken ist. Deutschland, mit seinem Hightech-Metropolen Berlin und München, braucht Gründungen und Geld für Startups als zukunftsorientierte Unternehmen – auch und gerade in der Krise.
Quellen: Ernst & Young, Statistisches Bundesamt