Steht die Finanzierung?
Die Lage ist unübersichtlich. Wie stark hat sich die Corona-Krise auf die Stabilität der Unternehmen ausgewirkt?
Durch die Aussetzung der Pflicht zum Insolvenzantrag und durch den Einsatz massiver Hilfsmaßnahmen zur Überbrückung wirtschaftlicher Schwierigkeiten geben die Insolvenzzahlen keinen Hinweis, wie es tatsächlich im Hinblick auf die Finanzierung in Deutschland steht. Ironie der Geschichte: Die Insolvenzen gingen im Lockdown deutlich zurück.
Eigenkapital oder Fremdfinanzierung?
Wer jetzt mehr erfahren möchte, muss auf die wichtigsten Parameter der Finanzierung sehen. Sind die Unternehmen ausreichend mit Eigenkapital versorgt? Gelingt die Fremdfinanzierung oder wird es schwieriger, sich ausreichend mit Krediten zu versorgen? Creditreform hat in der traditionellen Untersuchung des Mittelstands im Frühjahr eines jeden Jahres kleine und mittlere Betriebe befragt. Die KfW hat, zusammen mit den großen Unternehmensverbänden, ebenfalls zu Beginn des Jahres 2021 eine umfassende Untersuchung zur Finanzierungssituation vorgelegt.
Beim Eigenkapital verzeichnet die KfW Einbußen bei den von ihr befragten Unternehmen. „Seit der Jahrtausendwende ist eine positive Entwicklung beim Eigenkapital der Unternehmen festzustellen“, so die KfW. Doch diese Verbesserung hat sich nicht fortgesetzt, nunmehr registrieren fast 40 Prozent der befragten Betriebe eine Verschlechterung der Eigenkapitalquote und nur noch knapp 30 Prozent eine Verbesserung.
Ein vergleichbares Ergebnis weist die Creditreform Mittelstands-Befragung aus. Der Anteil schwach kapitalisierter Unternehmen hat sich gegenüber dem Vorjahr von 27,4 Prozent auf 30,7 Prozent erhöht. Auf der anderen Seite ist der Anteil von Unternehmen, die eine hohe und solide Eigenkapitalquote vorweisen können, von 34,2 auf 32,1 Prozent gesunken. Während die KfW in diesem Zusammenhang auf die besonders prekäre Situation einzelner Branchen in der Pandemie verweist, zeigt bei Creditreform ein Blick auf die Wirtschaftsbereiche, dass in allen Hauptbranchen – außer beim Verarbeitenden Gewerbe – eine kräftige Eigenkapitalquote von über 30 Prozent gelitten hat. Besonders deutlich war der Rückgang beim Handel von 42,1 auf 34,4 Prozent.
Ohne EK geht nichts mehr
Immerhin dürfte den Unternehmen in der Krise klar geworden sein, wie wichtig ihre Eigenkapitalausstattung ist. Entsprechend planen 37 Prozent zukünftig ihre Eigenkapitalquote zu erhöhen. Dies will man vor allem über die Thesaurierung von Gewinnen verwirklichen. Immerhin gaben allerdings 30 Prozent der Befragten an, dass eine Erhöhung daran scheitere, dass man aktuell keine Möglichkeit dazu habe. So verweist der Mittelstand bei Creditreform zu 36 Prozent auf Ertragsrückgänge – im Vorjahr waren es nur 22 Prozent. Gestiegene Gewinne verzeichneten 14,6 Prozent im Lockdown des Frühjahrs 2021 (Vorjahr: 20,1 Prozent).
Fehlt es an Eigenkapital, dann ist der Weg zur Bank nicht weit. So haben mehr als 62 Prozent der Betriebe im Zeichen von Corona Kreditverhandlungen mit den Instituten geführt. Nach Ansicht der KfW „reflektiert dies den Corona-bedingten erhöhten Liquiditätsbedarf vieler Unternehmen“. Bei Creditreform ist dieser Anteil Kreditsuchender deutlich geringer. Hier gaben 32,4 Prozent der Betriebe an, Kreditverhandlungen geführt zu haben – im Vorjahr waren es 29,8 Prozent.
Nicht jedem steht ein Kredit zur Verfügung
Entscheidend dürfte in diesem Zusammenhang sein, ob die Kreditverhandlungen erfolgreich waren oder ob es in und nach der Krise schwieriger geworden ist, eine Finanzierung zu erhalten. Insbesondere mittel- und langfristige Kredite waren gefragt. Dabei kam es nach Aussage der KfW bei den kurzfristigen Krediten besonders häufig zum Scheitern. 18,6 Prozent der Befragten räumten ein, dass es zu keinem Abschluss gekommen sei. Bei den mittel- und langfristigen Krediten war der Anteil mit 14,8 und 12,1 Prozent dann deutlich geringer. In der Creditreform Mittelstands-Befragung berichteten 13,8 Prozent davon, dass ihr Kreditwunsch abgelehnt wurde – im Vorjahr waren es noch 10,6 Prozent. Die Verschärfungen bei der Kreditaufnahme machten sich vor allem durch höhere Sicherheiten bemerkbar, die verlangt wurden. Für 20 Prozent der Befragten waren aber auch die Kreditzinsen gestiegen und für 14 Prozent stand das Geld nicht in der gewünschten Höhe zur Verfügung.
Schließlich sieht die KfW in der aktuellen Krise um Corona und Finanzierungen möglicherweise eine Veränderung des Finanzierungsverhaltens. Man wird wohl zukünftig stärker auf die Innenfinanzierung, auf Gesellschafterdarlehen und auf das Leasing setzen. Und auch der Bankkredit bleibt in seinem Stellenwert für die Finanzierungs-Palette erhalten. Zu leiden haben wohl nach der Prognose der KfW weniger gebräuchliche Finanzierungsformen wie Mezzanine, Beteiligungskapital oder Anleihen.