Gute Geschäfte! Der Podcast von Creditreform

Business-Wissen in 10 Minuten: Wir sprechen in unserem Podcast über wissenswerte Themen und spannende Trends für Unternehmer im Mittelstand.

Faire Chancen: Frauen in Führungsrollen stärken

Dieses Mal gibt es bei uns Business-Wissen zum Thema Frauen in Führungspositionen und zu Gast ist Frau Dr. Wiebke Ankersen. Wiebke Ankersen ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Allbright Stiftung, die sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft einsetzt.

Frau Dr. Wiebke Ankersen (Geschäftsführerin der gemeinnützigen Allbright Stiftung), die sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft einsetzt, im Gespräch mit Tanja Könemann (Handelsblatt Media Group).

Lesen statt hören: Podcastfolge #31 zum Nachlesen

Tanja Könemann [00:00:00]

„Ich habe nie erlebt, dass Frauen bei uns im Unternehmen benachteiligt werden“. 

„Es gibt nicht genug qualifizierte Frauen, damit gleich viele Frauen und Männer in Führungspositionen arbeiten können.“

„Manchen Frauen fehlt einfach der Wille.“ 

Jingle: Gute Geschäfte. Businesswissen in zehn Minuten. Der Creditreform Podcast.

Tanja Könemann [00:00:33] Herzlich willkommen. Mein Name ist Tanja Könemann. Und das hier ist eine neue Folge von Gute Geschäfte von Creditreform. Bei uns geht es einmal im Monat um brennende Themen im Mittelstand. Die diskutieren wir entweder als Business-Wissen in zehn Minuten und liefern Hilfestellungen, wie man sie am besten angeht. Oder es gibt engagierte Debatten in unserer Streitfrage. Heute gibt es bei uns ein Business-Wissen zum Thema Frauen in Führungspositionen und zu Gast ist Frau Dr. Wiebke Ankersen. Wiebke Ankersen ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Allbright Stiftung, die sich einsetzt für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft. Hallo Frau Ankersen, schön, dass Sie da sind. 

Wiebke Ankersen [00:01:13] Hallo, ich freue mich auch sehr. 

Tanja Könemann [00:01:15] Frau Ankersen, die Zitate, die wir zu Beginn gehört haben, die stammen aus dem Führungsfrauen-Floskel-Bingo. Was hat es damit auf sich? 

Wiebke Ankersen [00:01:23] Das Bingo, das haben mein Co-Geschäftsführer Christian Berg und ich im ersten Jahr der Stiftung mal erstellt, als wir uns einen Überblick verschaffen wollten. Wir sind ja eine schwedisch-deutsche Stiftung, und als wir den Betrieb in Deutschland aufgenommen haben, haben wir sehr viele Akteure getroffen und Unternehmensführer, um uns ein Bild zu machen. Was ist denn eigentlich das Problem in Deutschland und unterscheidet sich das von Schweden und haben dann natürlich immer diese Frage gestellt: Warum sind denn bei Ihnen so wenig Frauen in Führungspositionen? Was ist denn eigentlich das Problem? Und dann kamen die Antworten und haben sich immer wieder wiederholt. Und wenn dann irgendwie sagt, gerade in unserer Branche ist es ganz schwierig mit den Frauen, da gibt es ja so wenige. Und wenn es dann aber die fünfte, sechste, siebte Branche sagt, dann merkt man: Nee, nee, nee, das ist kein individuelles Problem, da ist schon eine Struktur dahinter. 

Tanja Könemann [00:02:09] Sie haben auch die einzelnen Aussagen dann zahlenmäßig widerlegt. Haben Sie da mal ein Beispiel für? 

Wiebke Ankersen [00:02:15] Ja, also wenn man zum Beispiel die Aussage nimmt, die Sie gesagt hatten, es gibt nicht genug qualifizierte Frauen für die Positionen, und dann kann man tatsächlich konkret werden und sagen: Nein. Also wir haben seit 2012 mehr weibliche BWL-Absolventen als männliche. Das heißt, wir haben mehr als 50 Prozent Frauen, die da in den Unternehmen starten. Die kommen aber nicht aus den oberen Führungsetagen an, das heißt, es ist nicht so, dass alle Frauen Sozialpädagogik oder Kunstgeschichte studieren, sondern die sind durchaus da auf dem Arbeitsmarkt. Aber sie nehmen andere Karrierewege als die Männer und kommen nicht auf den oberen Positionen an. 

Tanja Könemann [00:02:50] Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, Frau Ankersen, ich bin männliche Führungskraft, ich bin ja auch meinen Weg gegangen. Ich habe studiert, ich habe hart gearbeitet und jetzt soll ich Platz machen, vielleicht auch jemanden an mir vorbeiziehen lassen. Eine Frau. Was bringt mir das denn? Oder was bringt das fürs Unternehmen? Es gibt ja gute Gründe dafür. Könnten Sie uns die mal nennen? 

Wiebke Ankersen [00:03:13] Das Unternehmen hat ein großes Interesse daran, den ganzen Talentpool zu fördern und tatsächlich die besten Frauen genauso nach oben zu holen wie die besten Männer. Denn so wie es jetzt aussieht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das wirklich die Allerbesten sind, die es da bis nach ganz oben schaffen, relativ gering. Denn wenn man davon ausgeht, dass Talent erst mal zwischen Männern und Frauen gleich verteilt ist, dann stimmt da ja irgendwas nicht im Talentmanagement. Wenn die Frauen eben nie oder so selten in die Positionen kommen, das liegt genau an dem anderen Punkt, den wir hier in der Ausgangsfrage hatten: Dass es nämlich oft im Interesse des einzelnen Managers gar nicht so sehr ist. Der umgibt sich natürlich instinktiv gerne mit seinesgleichen. 

Tanja Könemann [00:03:57] Zahlenmäßig ist die Lage ja klar. Zum Beispiel hat gerade die Reform selbst untersucht, dass in 22,9 Prozent der mittelständischen Unternehmen es mindestens eine Frau in der Firmenleitung gibt. Ihre Stiftung hat noch mal speziell Familienunternehmen untersucht. Können Sie uns da mal Ihre Erkenntnisse aufzeigen, was bei bei Ihrem Bericht herausgekommen ist? 

Wiebke Ankersen [00:04:20] Ja, wir haben die Familienunternehmen jetzt schon dreimal immer im zweijährigen Abstand untersucht. Die bewegen sich in einem etwas anderen Spannungsfeld als die börsennotierten Unternehmen. Sie sind ja manchmal schon mehr als 100 Jahre alt, sind in drei dritter, vierter, fünfter, sechster Generation. Das sind Anpassungskünstler, eigentlich von Haus aus. Sie hätten sich nicht halten können, über mehrere Generationen. In dieser Frage Diversität in der Führung sind sie aber weit zurück im Vergleich mit den börsennotierten Unternehmen. Die börsennotierten Unternehmen liegen jetzt bei knapp 20 Prozent, Frauen in den Vorständen oder Geschäftsführung und bei den Familienunternehmen. Wir haben uns die 100 größten angeguckt, also so was wie Miele, Otto, Haribo, Dr. Oetker. Das sind so die großen Ikonen der deutschen Wirtschaft eigentlich. Da ist der Frauenanteil bei knapp 13 Prozent, also deutlich deutlich geringer. 

Tanja Könemann [00:05:17] Frauen streben ja auch anders nach oben. Die, würde ich sagen, gehen anders vor. Vielleicht weniger sichtbar. Etwas, ja, ich weiß nicht, was kann man sagen? Subtiler? Wie würden Sie es nennen? 

Wiebke Ankersen [00:05:30] Na ja, es ist tatsächlich ganz konkret so, dass Frauen häufiger zweimal gefragt werden müssen, ob sie eine Führungsposition übernehmen wollen, während die Männer auch ohne gefragt zu sein, schon ihr Interesse anmelden an der nächsten Ebene. Das liegt an unterschiedlicher Sozialisation, in erster Linie. Frauen werden so erzogen, sich nicht in den Vordergrund zu drängen und eher zuzuarbeiten, als als sich selber in den Vordergrund zu stellen. Das heißt aber nicht, dass sie schlechtere Führungskräfte sind. Frauen, das ist auch ganz gut dokumentiert, sind selbstkritischer als Männer. Männer überschätzen sich leicht, Frauen unterschätzen ihre Fähigkeiten leicht. Und wenn man das weiß, dann kann man natürlich entsprechend agieren. Und wir sagen auch immer, wenn man so überlegt, was kann denn jeder Einzelne tun? Wir sagen zu den Führungskräften auch fragt immer zweimal, fragt die Frau, wenn sie beim ersten Mal sagt „Ich bin nicht ganz sicher. Ich weiß nicht, ob ich diese Position übernehmen will.“ Fragt sie noch ein zweites Mal, fragt, was sie braucht, damit sie Ja sagen kann. Wie müsste die Stelle denn aussehen, damit du ja sagen könntest? Brauchst du andere Arbeitszeiten? Musst du auch mal von zu Hause arbeiten können, weil du dann etwas flexibler bist für deine Kinder? Brauchst du, willst du nicht den dicken Dienstwagen, sondern lieber Betreuungsunterstützung oder was auch immer. Kann aber auch der Zuschnitt des Ressorts sein. Frauen haben manchmal etwas andere Vorstellungen als ihre männlichen Vorgänger, wie die Position aussehen könnte. Und wenn das Unternehmen dann bereit ist zu gucken okay, wie weit können wir ihr denn entgegenkommen? Können wir ein Stück weit flexibel sein? Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie doch „Ja“ sagt, natürlich größer. Das heißt, manchmal ist die Entscheidung für die Frau etwas aufwendiger oder erfordert etwas mehr Flexibilität. Aber dafür bekommt man dann eben auch diese zusätzliche Vielfalt, die dann am Ende auch die besseren Ergebnisse bringt. Also das ist eine Investition des Unternehmens, die sich am Ende auszahlt und lohnt. 

Tanja Könemann [00:07:18] Also fragt die Frau zweimal, guckt, was sie braucht, um diese Position zu unternehmen, zu übernehmen, welche Hilfe sie braucht, aber wie vielleicht die Position auch anders gestaltet werden muss. Das sind so die Faktoren. Ist das das, was Sie Führungskräften beibringen in Ihren Schulungen? Die Allbright Stiftung gibt ja Schulungen zu diesem ganzen Themenkomplex. Was sind denn da die Themen? Mit welchen Erwartungen kommen die Führungskräfte bei Ihnen an und wie gehen sie dann idealerweise wieder raus? 

Wiebke Ankersen [00:07:45] Also sehr viele Männer sind sehr aufgeschlossen tatsächlich, sind aber unsicher und sagen „Ja, ich weiß gar nicht, was hat denn das jetzt mit mir zu tun? Ich habe ja nichts dagegen, dass Frauen Karriere machen bei uns. Aber was soll ich denn da jetzt machen?“ Und das können wir Ihnen dann ganz gut sagen, dass sie da eine ganz zentrale Rolle spielen. Wir gehen mit ihnen durch, was sie selber so für Privilegien in diesem System, so wie es jetzt ist, haben, die Ihnen oft natürlich nicht bewusst sind, weil die haben sie ja ihr Leben lang gehabt. Und das ist ein System, das von Männern für Männer gemacht ist und wir schaffen ihnen Bewusstsein dafür, was für die Frauen anders läuft auf dem Weg nach oben und wie sie eine gute Führungskraft sein können für Frauen unter ihnen. Damit die sich genauso wohlfühlen, damit die sich genauso gut unter ihnen entwickeln können wie die Männer. Und da gibt es eine recht große Aufgeschlossenheit, finde ich bei den männlichen Managern, aber auch eine große Unsicherheit, was das ist, was sie tun können, was die Frauen eigentlich jetzt von ihnen erwarten. 

Tanja Könemann [00:08:43] Wir haben uns hier im Podcast immer vorgenommen, ein Fazit zu ziehen und zusammenzufassen, was die wichtigsten Faktoren sind. Und zwar, wenn wir jetzt sagen, okay, ich bin jetzt ein mittelständisches Unternehmen, ich habe viele Männer in der Führung, ich möchte das gerne ändern. Was sind denn die Top-Fünf-Maßnahmen, wo Sie sagen okay, das machen wir jetzt mal? 

Wiebke Ankersen [00:09:04] Also ich glaube, es sind zwei große Dinge, an die man ranmuss. Einmal das Talent Management, dass man auch die Frauen, die man sich dann geholt hat oder dass man die, die mit einem Führungspotenzial haben, auch identifiziert und fördert. Also dass man darauf achtet, dass man die mindestens genauso fördert wie die Männer und. Und zum anderen die Vereinbarkeit. Natürlich verbessert man auch für die Väter im Unternehmen die Arbeitsbedingungen, wenn man sie für Eltern verbessert. Und da ist es dann eben auch ganz wichtig, wenn wir schon bei diesen konkreten Möglichkeiten sind, was man tun kann, die Väter mit einzubeziehen und denen auch ein Angebot zu machen und die auch zu ermutigen, Elternzeit zu nehmen. Nicht zu sagen „Ich akzeptiere zähneknirschend, dass du zwei Monate nimmst“, sondern zu sagen „Nee, wir finden das super, wenn du die Hälfte übernimmst“. Und gerne, wenn du eine Führungskraft bist, gerade wenn du eine Führungskraft bist, damit die Männer unter dir genau dasselbe tun. Aber so erreicht man, dass sich die Karrierewege von Männern und Frauen angleichen und Frauen genauso eine Karriere machen können wie Männer im Unternehmen. Wenn wir mehr Frauen in Führungspositionen sehen wollen, dann brauchen wir mehr Männer in Elternzeit. Das ist auch so was, womit Unternehmen ganz konkret arbeiten können und Anreize setzen können für Männer, es ihnen leichter zu machen, ihren Anteil an der Haus und Familienarbeit zu übernehmen. 

Tanja Könemann[00:10:25] Mehr Frauen in der Führung brauchen mehr Väter in Elternzeit. Das, finde ich, ist ein ganz tolles Schlusswort heute für unseren Podcast Gute Geschäfte, bei dem Frau Wiebke Ankersen bei uns zu Gast war von der Allbright Stiftung. Herzlichen Dank für Ihre Zeit, Frau Ankersen. 

Wiebke Ankersen [00:10:40] Es war mir ein Vergnügen. 

Tanja Könemann [00:10:41] Danke und auch Ihnen, liebes Publikum, ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie uns treu geblieben sind über diese Folge hinweg, und Sie ermutigen: Schreiben Sie uns hier über die Website oder bei LinkedIn, falls Sie Verbesserungsvorschläge haben, Ihnen ein Thema auf der Seele brennt, schreiben Sie es uns. Wir nehmen das sehr, sehr gerne auf und machen dazu ein Podcast. Bis bald. Bei Gute Geschäfte. 

Jingle [00:11:08] Gute Geschäfte. Businesswissen in zehn Minuten. Der Creditreform Podcast.



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