Creditreform Magazin

Bewertungen im Internet: Krieg der Sterne

Weil viele Kunden vor einer Kaufentscheidung Bewertungen im Netz studieren, sind Unternehmen gut beraten, ihre digitale Reputation zu pflegen. Externe Dienstleister können dabei helfen. Negatives Feedback müssen Unternehmen allerdings aushalten – selbst wenn es nicht gerechtfertigt sein sollte.

Bewertungen anderer Kunden – oft auf einer Skala zwischen einem und fünf Sternen zusammengefasst – schenken Kunden mehr Vertrauen als den Empfehlungen von Freunden und Verwandten. Das belegt eine Umfrage der Online-Softwareplattform Capterra. Nur eine kleine Minderheit von fünf Prozent interessiert sich demnach vor einem Kauf nicht für solches Feedback.

Kein Wunder, dass die meisten Onlinehändler Kundenbewertungen auf ihrer Shopseite anzeigen. So auch der Baby- und Kinderartikel-Versender Babymarkt.de. Veröffentlichtes Feedback zum Onlineshop strahle Vertrauenswürdigkeit und Seriosität aus, produktbezogene positive Bewertungen hätten gar regelmäßig Umsatzsteigerungen von rund 50 Prozent zur Folge, erläutert Sprecherin Wiebke Mönning die Vorteile. Zudem böten die Rückmeldungen die Chance, Produkte und ­Abläufe zu verbessern. „Jede Bewertung geht ohne Umwege an unseren CEO Bastian Siebers“, sagt Mönning. Um Feedback einzusammeln und zu verwalten, greift das Unternehmen auf den externen Dienstleister Ekomi zurück – eine Branchengröße, die etwa auch für den Discount-Riesen Lidl tätig ist.

Fake-Bewertungen vermeiden

Ekomi-CEO Michael Ambros legt Wert darauf, dass nur tatsächlich abgeschlossene Käufe im Anschluss bewertet werden können. „Das ist unseren Kunden wichtig und durch unsere transaktionsbasierten Abläufe sichergestellt“, betont er. Er tritt damit Zweifeln an der Authentizität von Bewertungen im Netz entgegen, wie sie eine Untersuchung des Bundeskartellamts im vergangenen Jahr schürte. Fake-Bewertungen seien ein weit verbreitetes Phänomen, sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, bei deren Vorstellung und forderte: „Verkaufs-, Buchungs- und Bewertungsportale oder auch Suchmaschinen müssen in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Fake-Bewertungen aufzuspüren und zu löschen.“ Zudem sollten sie unterlassen, etwa durch Belohnungen, darauf einzuwirken, dass möglichst viele und positive Bewertungen veröffentlicht werden. 

Michael Ambros leugnet dieses Problem nicht, sieht sein eigenes Unternehmen jedoch gut aufgestellt. Finanzielle Anreize etwa, damit Kunden eine Bewertung abgeben, sind tabu – und laut deutschem Wettbewerbsrecht ohnehin verboten; jedenfalls dann, wenn Unternehmen später mit positiven Rezensionen werben wollen. 

Ganz ohne Anreize allerdings gehe es nicht, denn eigentlich möchte kein Kunde eine Bewertung abgeben, erklärt Ambros. „Wir weisen darauf hin, dass eine Rückmeldung auch auf der Startseite des Unternehmens erscheinen kann. Dadurch wird den Käufern klar, dass sie anderen helfen können, die richtige Entscheidung zu treffen.“ Dazu seien etliche bereit: Die Quote bewerteter Käufe liege im Allgemeinen zwischen zehn und 30 Prozent – Zahlen, die Babymarkt.de bestätigt.

Umsonst freilich ist ein solcher Service für Onlinehändler nicht zu haben. Die Kosten sind abhängig von der Zahl abgewickelter Transaktionen, los geht es laut Ambros bei Ekomi mit rund 100 Euro im Monat. Eine Investition, die sich für Unternehmen, die Werbung beim Suchmaschinenanbieter Google schalten, lohnen kann. Denn von Ekomi, Trusted Shops oder anderen großen Anbietern (siehe Kasten) gesammeltes Feedback geht in die Verkäuferbewertung ein, die bei der Buchung von Suchnetzwerk-Kampagnen in Form eines Sterne-Ratings beim Firmennamen angezeigt wird.

Bewertungen im Internet: Schwierig zu löschen

Für Händler kann dies ein Weg sein, bei potenziellen Kunden früh Vertrauen zu schaffen. Eine große Mehrheit der Kunden (77 Prozent) beginnt ihre Customer Journey beim Onlinekauf mit einer Suche nach Produkten beim Marktführer Google. Und auch bei der Recherche nach stationären Händlern und Dienstleistern nutzt eine Mehrheit der Deutschen heute als Erstes das Smartphone und Google.

Was aber, wenn statt fünf Sternen nur ein oder zwei erscheinen, die Bewertungen also eher negativ ausfallen? „Wir gehen auf Ursachenforschung und optimieren die betroffenen Prozesse“, erklärt Babymarkt.de-Sprecherin Mönning. „Gegen schlechte Bewertungen kann man nur mit Verbesserungen ankämpfen“, sagt auch Ambros. Zudem erscheinen nur positive Rückmeldungen vielen Verbrauchern ohnehin unrealistisch und könnten sich daher sogar negativ auf den Umsatz auswirken. 

Selbst bei ungerechtfertigtem negativen Feedback komme eine Löschung nur dann in Betracht, wenn eine Bewertung gegen festgelegte Regeln verstoße, weil sie etwa diskriminierend sei, erklärt Mönning. Ekomi-CEO Ambros empfiehlt folgende Strategie: „So viele Kunden wie nur möglich nach ihrer Meinung fragen – so fallen negative Stimmen weniger ins Gewicht“, lautet sein Rat an Unternehmen, die sich behaupten wollen im Krieg der Bewertungs-Sterne.


Schlechte Bewertungen

Wann ist der Rechtsweg sinnvoll? 
Gegen eine Aussage wie „Ich war unzufrieden“ können Unternehmen nicht vorgehen, sie gelten als freie Meinungsäußerung. Gegen Falschaussagen schon. Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, erklärt, was Firmen tun können. 

Wann liegt ein Rechtsverstoß vor?  
Der liegt zum Beispiel dann vor, wenn überprüfbare Tatsachen behauptet werden, die falsch sind – etwa, wenn ein Nutzer schreibt, die Produkte in einem Webshop seien Plagiate. Auch bei Beleidigungen können Unternehmen eingreifen.

Wie können sich Unternehmen wehren? 
Theoretisch können sie sich direkt an den Verfasser wenden. Oft werden negative Kommentare aber anonym abgegeben. In diesem Fall müssen Betroffene dem Portalbetreiber einen Rechtsverstoß melden und darauf hinweisen, dass entweder eine falsche Tatsache geäußert wurde oder jemand beleidigt wurde. Die Portale müssen die Bewertungen auch dann entfernen, wenn der Bewerter sich auf eine Beanstandung hin nicht zurückmeldet oder nicht nachweisen kann, dass er Kontakt zu dem bewerteten Unternehmen, dessen Dienstleistungen oder Produkte hatte.

Und was tun, wenn das nichts bringt?
Reagiert der Portalbetreiber nicht oder reagiert er abschlägig auf den Hinweis des Unternehmens, ist es ratsam, einen Anwalt hinzuzuziehen. Dieser fordert den Betreiber auf, die Einträge sofort mit Kenntnisnahme seines Schreibens offline zu nehmen. Innerhalb von maximal vier Wochen sollte der Fall dann komplett und dauerhaft abgeschlossen sein. Bei Verzögerungen sollten gerichtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Insbesondere das Verfahren der einstweiligen Verfügung unterliegt Fristen, sodass sich die Portale bewegen müssen. 

Wie Sie die Löschung eines Kommentars selbst beantragen, Beispielrechnungen zu Anwalts- und Gerichtskosten sowie die korrekte Adresse von Google finden Sie auf Karsten Guldens Website: www.tinyurl.com/ckr7dews


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Jens Gräber



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