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Konjunktur 2020 – was dürfen wir hoffen?

Wer sich umschaut, um sich ein Bild von der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation zu machen, der wird wenig Anlass zur Freude finden. Die Überschriften im Wirtschaftsteil der Tageszeitungen, die Verlautbarungen aus der Politik und die Kommentatoren aus den Forschungsinstituten – die meisten von ihnen klingen in Moll. Tenor: Die fetten Jahre sind vorbei, nun brechen magere Zeiten an. „Crash-Propheten“ haben Zulauf. Es geht aber weder um Optimismus noch um Pessimismus angesichts der aktuellen konjunkturellen Situation – es geht um Realismus.

Industrie kommt nicht voran

Keine Frage – Deutschlands Industrie schwächelt. Das gerade erschienene Gutachten der führenden Forschungsinstitute bringt es auf den Punkt: Die Industrie befindet sich in der Rezession, ihre Produktion ist seit gut eineinhalb Jahren rückläufig. Gerade Deutschlands Schlüsselindustrien – der Automobilbau und der Maschinenbau – kämpfen mit einem Minus bei den Auftragseingängen und beim Umsatz. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Gesamtwirtschaft und insbesondere für die Auto-Zulieferer: Die Wirtschaftsweisen gehen für 2019 von einem schmalen Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt von nur 0,5 Prozent aus – immerhin setzt man für das Jahr 2020 auf ein Wachstum von 1,1 Prozent. Aber wir brauchen gar nicht in das nächste Jahr zu schauen, um auch Anhaltspunkte für Stärke zu erkennen. Zugegeben: Deutschland als Export-Weltmeister auf der Basis seiner führenden Industrieprodukte musste Federn lassen. Die Binnenkonjunktur aber bleibt robust. Stützend wirken weiterhin die steigenden Einkommen der privaten Haushalte sowie die fiskalpolitischen Impulse – Stichwort „Baustellen an den Autobahnbrücken“. Stabil bleibt der Arbeitsmarkt, wenn auch hier bereits erste Kratzer sichtbar werden. Große Unternehmen konsolidieren sich und entlassen Mitarbeiter. Das Herbstgutachten spricht auch davon, dass die Schwäche der Industrie auch auf die unternehmensnahen Dienstleistungen abstrahlen könnte.

Und der Mittelstand?

Binnenkonjunktur? Da lohnt also ein Blick auf die Konjunktur im Mittelstand. Dafür braucht Creditreform nicht die Zahlen aus der Forschung oder aus offiziellen Verlautbarungen, sondern kann Erkenntnisse präsentieren, die aus den eigenen, empirischen Untersuchungen stammen. Seit Jahrzehnten befragt die Creditreform Wirtschaftsforschung repräsentativ mittelständische Unternehmen nach ihrer Geschäftsentwicklung und Finanzierungssituation.

Tatsächlich zeigen auch die Mittelständler im Gefolge der schwachen Industriekonjunktur im Spätherbst eine Verschlechterung der Stimmungslage. Der Creditreform Geschäftsklimaindex für die mittelständische Wirtschaft verschlechterte sich um gut zehn Zähler. Der Index setzt sich aus einer Bewertung der aktuellen Situation und aus den Erwartungen zusammen: Es waren vor allem die Geschäftserwartungen, die deutlich nachgegeben haben. Festzuhalten bleibt: Der Geschäftsklimaindex steht weiterhin im Plusbereich, der eine positive Wirtschaftslage für die Unternehmen anzeigt. Kleine und mittlere Unternehmen sind eher auf dem Binnenmarkt aktiv, die Hemmnisse und Unsicherheiten im Welthandel streifen sie (bisher) nur. Aufmerksam machen betriebswirtschaftliche Größen aus der vorliegenden Analyse, um das Befinden des Mittelstands zu konkretisieren. So bleibt die Auftrags- und Umsatzlage im deutschen Mittelstand positiv. Ein Drittel der Unternehmen hat Umsatzanstiege zu verzeichnen – (Vorjahr: 42 Prozent). Auf dem Vorjahreswert befindet sich die Beschäftigungsentwicklung im Mittelstand – knapp ein Drittel konnte seine Belegschaft aufstocken. Und auch wenn die Geschäftserwartungen vorsichtiger geworden sind, so ist der Mittelstand nicht in Pessimismus verfallen. Weiterhin überwiegt der Anteil der Befragten, die steigende Umsätze und eine Verbesserung der Auftragslage erwarten.

Was für die weitere konjunkturelle Einschätzung besonders interessieren dürfte, ist die Investitionsbereitschaft im Mittelstand. Tatsächlich fällt diese auf den Wert der Jahre 2015 und 2016 zurück. Trotz dieser Eintrübung bleibt der Investitionswille erhalten: Mehr als die Hälfte der Betriebe hat Investitionen auf der Agenda. Und auch wenn Ersatzinvestitionen an der Spitze der Tagesordnung stehen, so liegt der Planungsstand für Erweiterungsinvestitionen weiterhin auf hohem Niveau. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf den Investitionswillen einzelner Branchen. So hat der Bau bei der Investitionsbereitschaft gegenüber anderen Wirtschaftssektoren um sieben Prozentpunkte zugelegt. Das Verarbeitende Gewerbe – in der vorliegenden Untersuchung zu einem großen Teil Handwerksbetriebe – hat im gleichen Maße ein Minus bei den Investitionen gegenüber dem Vorjahr aufzuweisen. Verkürzt ist festhalten: Der Bau boomt weiter und mit ihm die Binnenkonjunktur. Der Mittelstand stemmt sich gegen die Rezession.

Was die regelmäßigen Untersuchungen von Creditreform zum Mittelstand besonders macht, ist die Verbindung, die von der Geschäftslage und der Konjunktur zur Finanzierungssituation geschaffen wird. Wie wirkt sich die konjunkturelle Wetterlage auf die finanzielle Stabilität der Betriebe aus?

Steht die Finanzierung auf sicheren Füßen?

Langfristig haben sich die Eigenkapitalquoten im Mittelstand spürbar verbessert. Gegenüber dem Jahr 2010 stieg der Anteil der Unternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent der Bilanzsumme um über sechs Prozentpunkte auf mehr als ein Drittel. An dieser positiven Entwicklung hat die gute Umsatz- und Ertragslage der letzten Jahre großen Anteil. Als stark fremdfinanziert gelten derzeit rund 29 Prozent der aktuell befragten Unternehmen – sie haben eine unzureichende Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent. Dabei zeigt sich die Kapitalstruktur insbesondere im Baugewerbe anfällig für eventuelle Veränderungen bei den Finanzierungsbedingungen.

Ausweis finanzieller Solidität ist aber nicht nur die Eigenkapitalquote, sondern auch die Liquidität. Diese wird ganz entscheidend vom Zahlungsverhalten der Kunden geprägt. Dabei bleibt festzuhalten: Der Mittelstand hat offenbar ein gut funktionierendes Forderungsmanagement. Immerhin können 30 Prozent der befragten Unternehmen darauf verweisen, dass sie in den letzten Monaten überhaupt keine Zahlungsausfälle registriert haben. Allerdings erleiden auch mehr als sechs Prozent der KMU hohe Forderungsverluste, die die Liquidität so massiv treffen können, dass es zur Zahlungsunfähigkeit kommt. Quoten und Prozente, Eigenkapital und Liquidität – letztlich geht es bei diesen Größen darum, zu bestimmen, wie stabil ein einzelnes Unternehmen und schließlich die Unternehmenslandschaft im Ganzen ist.

Wie geht es weiter mit den Unternehmensinsolvenzen?

Die Insolvenzen in Deutschland waren auch 2019 noch rückläufig. Allerdings war der Rückgang bei den Unternehmen mit 0,1 Prozent nur noch hauchdünn. Der Anteil des kleinen Mittelstands mit weniger als 5 Mio. Euro Umsatz ist sogar ein wenig gestiegen. Die Werte belegen eine Umkehr vom jahrelangen Insolvenzrückgang. Wie stark Konjunktur und die Stabilität der Unternehmen zusammenhängen, zeigt die Tatsache, dass es – gegen den Trend – einen Anstieg der Insolvenzen im Verarbeitenden Gewerbe mit plus sechs Prozent gab. Im letzten Jahr zeigte dieser Wirtschaftssektor noch ein deutliches Minus bei der Zahl der betroffenen Unternehmen. Creditreform geht für die weitere Entwicklung bis zum Ende des Jahres 2020 von einem leichten Plus bei den Unternehmensinsolvenzen aus. Dieser Anstieg würde bedeuten, dass der jahrelange Trend des Pleitenrückgangs Anfang des neuen Jahrzehnts durchbrochen ist. Nicht nur die Konjunktur spielt eine große Rolle – es bleibt die Frage, ob die Finanzinstitute, und d. h. für den Mittelstand vor allem Leasing-Unternehmen und Banken, den Schirm über ihre Kunden gegen alle Niederschläge geöffnet halten.



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