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Zahlungsziel verlängert, Risiko erhöht?
In Krisenzeiten, wenn die Zahl der Insolvenzen wieder steigt und die Konjunktur lahmt, richten die Unternehmen ihr Augenmerk auf die Liquidität. „Cash is King“ lautet dann die Devise.
Dabei gilt es beim Management der Außenstände, längere Zahlungsfristen als ein Argument für den Absatz von Waren und Dienstleistungen einzusetzen. In vielen Fällen eine Gratwanderung zwischen den Erfordernissen des Vertriebs auf der einen und des Liquiditätsmanagements auf der anderen Seite.
Mit der Corona-Krise waren die Zahlungsziele deutlich verkürzt worden. So lagen sie im Vergleichszeitraum 2022 bei 29,80 Tagen und noch im Vorjahr bei 29,93 Tagen. Nun sind die Unternehmen ein wenig großzügiger geworden, wenn es um die Festsetzung von Zahlungszielen geht. Im ersten Halbjahr 2024 wurde den Kunden und Abnehmern bis zum Eingang der Zahlung eine Zeit von 31,37 Tagen gewährt. War es richtig, lockerer mit den Zahlungszielen umzugehen? Betrachtet man die Tage des Zahlungsverzugs, so ist die Annahme wohl berechtigt, dass längere Zahlungsziele den Zahlungsverzug nicht verlängern. Tatsächlich hat sich der Zahlungsverzug im ersten Halbjahr 2024 gegenüber 2023 von 10,77 auf 8,8 Tage verkürzt. Diese Verbesserung ist branchenübergreifend – sie findet sich beim notorischen Sorgenkind Bauwirtschaft ebenso wie bei der Chemie- und Kunststoffindustrie, die schon fast traditionell ein guter Zahler ist. Während sich die Bauwirtschaft von 15,49 Tagen Verzug auf 14,77 Tage verbesserte, lag der Bereich Chemie und Kunststoff im ersten Halbjahr 2024 bei einem Bestwert unter allen Wirtschaftsbereichen von 6,19 Tagen (Vorjahr: 8,75 Tage). Über zehn Tage Zahlungsverzug waren bei Geschäften mit der Grundstoffindustrie, den persönlichen Dienstleistern sowie dem Verkehr- und Logistikbereich hinzunehmen.
Rechnung sofort nach Leistung
Die Summe der eingeräumten Zahlungsfrist und des Zahlungsverzugs ergibt die Gesamtdauer der Forderungslaufzeit. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang noch einmal, wie wichtig die schnelle Rechnungsstellung nach Erbringen der Leistung ist. Gerade in kleineren Unternehmen, in Familienbetrieben, wird hier Zeit geradezu verschenkt. Der Durchschnitt der Forderungslaufzeit betrug im ersten Halbjahr 2024 40,17 Tage. Das stellt nur eine hauchdünne Verbesserung gegenüber dem Vorjahreswert von 40,70 Tagen dar. Damit hat sich die Außenstanddauer insgesamt trotz der gesamtwirtschaftlichen Krise kaum verändert. Eine Verbesserung bzw. Verkürzung der Gesamtforderungslaufzeit wurde im Einzelhandel, bei der Grundstoffindustrie, beim Metall- und Elektrobereich und den persönlichen Dienstleistungen erreicht. Bei den langen Forderungslaufzeiten mancher Branchen – bei durchaus kurzen Verzugszeiten – spielen auch Branchenspezifika eine Rolle. So etwa im B2B-Bereich der Chemie- und Kunststoffindustrie oder im industriellen Metall- und Elektrosektor. Hier ist der Umschlag von Waren naturgemäß langsamer als etwa im Bereich der persönlichen Dienstleistungen. Das spiegelt sich auch in den eingeräumten Zahlungszielen: Die Chemiebranche erhielt 40,27 Tage (Vorjahr: 36,10 Tage), der Metall- und Elektrobereich 36,90 Tage (Vorjahr: 35,80 Tage). Das Zahlungsziel bei den persönlichen Dienstleistungen betrug dagegen 26,63 Tage – nach 26,18 Tagen im Vorjahr.
Am Ende steht der Forderungsverlust
Die Befragung der Creditreform Wirtschaftsforschung im Mittelstand vom Frühjahr 2024 zeigt ein ähnliches Bild. So gaben hier 94,5 Prozent der KMU an, dass ihre Rechnungen innerhalb von 30 Tagen beglichen wurden (Vorjahr: 92,5 Prozent). Dabei lässt sich die öffentliche Hand als Auftraggeber mehr Zeit. Hier wurden nur 83,8 Prozent der Rechnungen innerhalb von einem Monat beglichen. Angesichts der prekären Lage bei den Finanzen der Kommunen wundert das nicht.
Das Forderungsvolumen hat sich im Durchschnitt aller Rechnungen verringert. Lag es 2023 noch bei 2.234 Euro, so ist dieser Wert aktuell auf 2.072 Euro gesunken. Auch dies ist sicher ein Zeichen der schwachen Wirtschaftslage und geringerer Umsätze. Dieser Trend geht über alle Branchen hinweg, wenn auch der durchschnittliche Rechnungsbetrag höchst unterschiedlich ist. Im Bereich der Chemie- und Kunststoffindustrie beträgt er 4.048 Euro (Vorjahr: 5.262 Euro), während er bei den persönlichen Dienstleistungen bei lediglich 1.335 Euro liegt. Dabei müssten diese Werte nominell im Zuge der Inflation eigentlich gestiegen sein. Und so ist auch das gesamte Forderungsvolumen grösser geworden. Es liegt 2024 bei 23.618 Euro – rund 1.700 Euro mehr als vor einem Jahr.
Am Ende langer Forderungslaufzeiten steht in vielen Fällen der Forderungsverlust. Auch hier kann noch einmal auf die Befragung des Mittelstandes verwiesen werden. Zwar haben Forderungsausfälle jüngst zugenommen, bleiben aber doch im Verhältnis zu den Umsätzen vergleichsweise gering. 35,8 Prozent der Befragten hatten im Frühjahr 2024 Forderungsverluste in Höhe von 0,1 Prozent ihres Umsatzes hinzunehmen. Über ein Prozent des Umsatzes verloren 8,2 Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland, während aber 23,1 Prozent keinerlei Forderungsausfälle registrierten.