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Angst macht sparsam

Seit 2014 verlangt die EZB von den Einlagen, welche die Banken bei ihr halten, Zinsen. Der Begriff „Negativzinsen“ machte die Runde und kam bald bei den Sparern in Deutschland an.

Zunächst beschwichtigten die Banken: Man würde, wenn überhaupt, Zinsen für Einlagen nur von Unternehmen verlangen – der private Sparer bliebe unangetastet. Es galt, langjährige Kunden nicht zu vergraulen und man fürchtete bei Sparverträgen juristische Auseinandersetzungen. Aber dann mussten nicht nur Firmenkunden für ihre Einlagen Zinsen zahlen, zunehmend wurden auch private Sparer zur Kasse gebeten. Aktuell liegt der Negativzins bei 0,42 Prozent – für Festgeld bei einem Jahr Anlage bei plus 0,13 Prozent, Tagesgeld liegt bei 0,02 Prozent. Wer mehr als ein Prozent Zins beziehen will, der muss schon nach Rumänien gehen (bis zu 1,51 Prozent auf das Guthaben).

Kein Geld fürs Geld

Doch der „Sparzins“ unter null scheint die Sparer nicht zu vergraulen. Unverdrossen liegt ihr Geld unverzinst auf dem Giro- oder Sparkonto. Franzosen oder Niederländer suchen zumindest verzinste Sparmöglichkeiten – Anlagen in Aktien oder Wertpapieren scheuen die Deutschen, anders als Amerikaner oder Engländer.

Dabei erreichte das Vermögen, das alleine auf Girokonten in Deutschland gehalten wird – im Zeichen der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 einen Rekordwert. Es lag zum ersten Mal auf einer Höhe von über einer Billion Euro und hat sich damit gegenüber dem Jahr 2013 verdoppelt. Dabei zeigt die Pandemie aktuell auch ihre Auswirkungen auf die Geldanlage und das Sparverhalten. Zum einen fördert die Angst das Sparen – es gilt angesichts der Befürchtungen um den Arbeitsplatz oder das Einkommen aus Selbstständigkeit, Geld zurückzulegen. Zum anderen fehlt es an Möglichkeiten, Geld auszugeben. Der Konsum ist durch die Lockdown-Maßnahmen eingeschränkt worden. Kostenpflichtige Freizeitmöglichkeiten stehen kaum noch zur Verfügung.

Die Corona-Pandemie erwies sich als ein Treiber für das Sparen. In Deutschland und in Europa flossen per Saldo 585 Milliarden Euro neu auf die Giro- und Sparkonten. So wuchs das Sparvolumen in Europa um 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Großbritannien legte es sogar um 170 Prozent zu. Wie sehen die Änderungen in den anderen EU-Ländern aus? Am stärksten gestiegen sind die Anlagen der französischen Sparer – um 2.200 Euro im Durchschnitt pro Kopf. Es folgen die Bundesbürger mit 1.800 Euro, dann schließlich Kopf-an-Kopf Italiener und Spanier mit jeweils 1.300 Euro. Großbritannien ist in Europa wohl am härtesten von Corona betroffen, es zählt die meisten Toten und die höchsten Infektionszahlen – tatsächlich trägt ein Virus aus dem Inselstaat zu weiter steigenden Krankenzahlen in ganz Europa bei. Da wundert es nicht, dass die Briten ihr Sparvolumen binnen Jahresfrist um das Zweieinhalbfache verstärkt haben. Sie zählten 2.500 Euro mehr auf ihren Konten.

Und dann die Inflation

Wenn der Lockdown einmal beendet sein wird, so werden einige Schleusen geöffnet. Konsum wird nachgeholt werden und auch die Zuversicht im Hinblick auf die finanzielle Situation wird steigen. Zunehmen aber wird wohl auch die Inflation. Regelmäßig befragt die Bundesbank, die über die Finanzstabilität zu wachen hat, die Bürger nach ihren Inflationserwartungen. Was kommt bei den Preisen auf die privaten Haushalte zu? Die letzte Befragung vom Dezember 2020 macht deutlich, dass die Konsumenten fürchten, für den Einkauf mehr Geld zahlen zu müssen. Sie gehen von einer Inflationsrate von 3,1 Prozent in 2021 aus. Dies ist der höchste Wert der 2020 gemessen wurde. Diese Erwartungen kommen nicht ohne Grund, wurde doch die Verringerung beendet und die Mehrwertsteuer wieder auf das gewohnte Maß zurückgeführt. Schließlich erhöhte auch die stärkere Bepreisung durch die CO2-Regelung die Kosten für Treibstoffe, Heizöl und Gas. Dabei laufen die Inflationserwartungen der Konsumenten parallel zur Entwicklung der Pandemie: So waren die Inflationserwartungen im Sommer und Herbst noch auf bis zu 2,5 Prozent gesunken.

Explizit fragte die Bundesbank auch nach den Erwartungen mit dem Blick auf die Immobilienpreise. Tatsächlich gehen zwei Drittel der Befragten von einer weiteren Erhöhung bei den Kosten eines Eigenheims aus – Steigerungen, die allerdings auch ohne Corona kontinuierlich zunehmen. Interessant ist es, den befürchteten Kostensteigerungen beim Einkauf die Erwartungen beim Einkommen gegenüberzustellen. Tatsächlich zeigt die Pandemie Spuren bei den Einkommenserwartungen: Der Bürger befürchtet einen Rückgang des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens. Allerdings kam es im Januar – gegen den Trend – wieder zu einer optimistischeren Erwartung.

„Angstsparen“, gesunkene Einkommenserwartungen und die Befürchtung einer starken Inflation – alles dies sind keine guten Zeichen, wenn es um die Aussicht auf eine schnelle und durchgreifende wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie geht. Aber vielleicht werden nach der Beendigung des Lockdowns doch die Zuversicht steigen, die Konsumneigung zunehmen und sich gleichzeitig die Preissteigerungen in Grenzen halten.

Quelle: Deposit Solutions, EZB, Deutsche Bundesbank



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