"Boulevard-Insolvenzen", die für Schlagzeilen sorg(t)en
Die Insolvenz von Unternehmen gewinnt Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, wenn es um große und bekannte Namen geht. Während das Insolvenzgeschehen insgesamt von Zahlen und Charts bestimmt ist, werden mit dem Unternehmensnamen abstrakte juristische sowie wirtschaftliche Zusammenhänge konkret und die Medien berichten.
Im Jahr 2020 sprach man über die Pleite von Kaufhof Karstadt, Wirecard und Esprit. Solche bekannten Namen waren 2021 in diesem Rahmen seltener in den Medien. Tatsächlich ist im zweiten Corona-Jahr insgesamt ein Rückgang bei den großen Insolvenzen festzustellen. Bestimmend für die Lage waren eine Vielzahl kleiner Betriebe, viele Solo-Selbstständige und Verbraucherinsolvenzen. Trotzdem fehlte es nicht an Großinsolvenzen, die vor allem Milliardenschäden anrichteten.
Wie bereits im Jahr 2020 waren Textil- und Modehändler besonders vertreten. An der Spitze standen die Adler Modemärkte AG – betroffen waren 3.500 Mitarbeiter, die in 150 Filialen der Kette arbeiteten. Das Haus hat Tradition, es wurde 1948 gegründet. Im Hinblick auf die Zahl der betroffenen Beschäftigten war auch der Insolvenzantrag des Modehändlers Orsay aufsehenerregend. Immerhin können rund 1.800 Mitarbeiter auf eine Sanierung hoffen, die unter einem sogenannten Schutzschirmverfahren ablaufen soll. Festzuhalten bleibt für diese beiden Fälle, dass Corona und der Lockdown zwar für einen deutlichen Rückgang der Umsätze in den teuren Innenstadtlagen gesorgt haben. Die Insolvenz war aber auch das Ergebnis einer jahrelangen Krise und eines anhaltenden Strukturwandels. Am Ende ist es nicht gelungen zu einer neuen Einkaufswelt aufzuschließen und sich gegen den aufkommenden Onlinehandel durchzusetzen.
Bremen mit drei Großpleiten
Schlagzeilen machten gleich drei größere Unternehmensinsolvenzen, die in Bremen angesiedelt sind. Der Gesamthafenbetriebsverein Bremen hatte deutlich über 1.000 Beschäftigte. Diese können nun auf ein Sanierungskonzept hoffen, das zwar einen Arbeitsplatzabbau vorsieht, aber vielleicht doch für viele auch einen Erhalt ihrer Beschäftigung erreicht. Der Betreiber diente dazu, den Häfen in Bremen Personal zur Verfügung zu stellen. Weitaus höhere Dimensionen erreichten zwei andere Unternehmen, wenn es um die Höhe der Schäden geht. Da ist zum einen der Zusammenbruch der German Property Group mit Sitz in der Hansestadt. Hier kam es zu kriminellen Machenschaften, die Rede ist von Milliardensummen, um die Anleger geprellt wurden. Im Mai 2021 hatte die Tochtergesellschaft des Immobilien Unternehmens, Dolphin Capital, Insolvenzantrag gestellt. Der spektakuläre Zusammenbruch der Greensill Bank AG sorgte für Anlegerschäden in Milliardenhöhe. Der Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken sorgte dafür, dass rund 2,7 Milliarden Euro den Betroffenen zur Verfügung gestellt wurden. Die Bank beschäftigt sich mit verschiedenen Finanzierungsformen, unter anderem mit dem Leasing und der Finanzierung von Lieferantenkrediten. Diese hohen Entschädigungszahlungen haben den Anstoß dazu gegeben, dass Privatbanken in Zukunft in Notfällen beim Zusammenbruch einer Bank, weniger zahlen werden. Schrittweise wird über die nächsten Jahre der Kreis derjenigen verkleinert, die einen Anspruch auf Ersatz haben, insgesamt aber werden auch die Summen geringer werden, die für die Ausfälle zur Verfügung stehen. So werden schon im nächsten Jahr Investoren wie Versicherungen oder Investmentgesellschaften nicht mehr in den Genuss der Gelder kommen, die der Bundesverband deutscher Banken zur Verfügung stellt. Man spricht davon, die Haftung auf den Schutz der privaten Sparer zu fokussieren.
Auswege aus der Insolvenz
Unter dem Gesichtspunkt betroffener Mitarbeiter ist auch die Insolvenz des Mondi Personalservice mit 2.500 Beschäftigten zu den großen Pleiten zu rechnen. Der Personaldienstleister hat gute Chancen, fortgeführt zu werden, denn ein Investor aus der Branche ist gefunden worden. Überhaupt sind insgesamt bei den meisten größeren Insolvenzen ein Sanierungskonzept und der Weg zu finanzstarken Investoren das Mittel der Wahl, wenn es um eine Fortführung geht. Das gilt für die Bolta Werke, einem Zulieferer der Automobilindustrie mit etwa 1.000 Beschäftigten, der ebenfalls ein Sanierungskonzept vorgelegt hat. Das immer wieder reformierte Insolvenzrecht hat auf dem Weg, Betriebe möglichst zu erhalten, gute Arbeit geleistet. Zumindest bei größeren Unternehmen ist der Insolvenzverwalter nicht mehr Liquidator, sondern Sanierer.
Unter Branchengesichtspunkten war es aber nicht nur der Zulieferer Bolta, der unter den Problemen der besonders betroffenen Automobilbranche zu leiden hatte, sondern auch die Kiel Industrial Services AG. Das Unternehmen aus dem Sektor der Industrie-Services beschäftigt sich mit dem Rohrleitungsbau und musste ebenso Insolvenz anmelden, wie die Demag GmbH, die vor allem im Bereich der Krantechnik als Maschinenbauer unterwegs war. Auch hier sieht ein Sanierungskonzept vor, dass zumindest zwei Standorte erhalten bleiben, wenn auch einige der rund 1.100 Beschäftigen nicht auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses hoffen können. Ein weiterer Industriedienstleister war die Clean Garant Gebäudereinigung, die sich mit dem Säubern von Fassaden und Fenstern beschäftigte.
Die Abellio Rail GmbH hatte bereits seit 2020 finanzielle Probleme. Der private Eisenbahn-Betreiber, eine Tochter der niederländischen staatlichen Eisenbahn, musste 2021 Insolvenz anmelden, die aber eine Sanierung vorsieht. In einem Übergangskonzept wurden Ersatzangebote für die betroffenen Linien im Rahmen von Notvergaben eingerichtet. Die Bundesbahn ist mit ihren Regional-Betrieben in NRW eingesprungen. Während bei Abellio möglicherweise auch die rückläufigen Fahrgastzahlen im Zeichen der Pandemie für die Aufgabe gesorgt haben, hat ein Unternehmen das geradezu spezialisiert auf das Corona-Virus war, ebenfalls Insolvenz anmelden müssen. Die Star Events Hoch 3 GmbH aus Bochum mit über 1.500 Beschäftigten betrieb ein Corona-Virus-Testzentrum mit Labor und Diagnostik. Trotz hoher Auslastung der Teststellen und vor allem der Labore war es nicht gelungen, den Boom zu nutzen. So können nicht nur die Einschnitte, die die Wirtschaftlichkeit mancher Unternehmen in der Krise infrage stellen, für eine Insolvenz sorgen, sondern nach wie vor das fehlende betriebswirtschaftliche Know-how trotz einer guten Marktlage.
Quelle: Creditreform Analyse „Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2021“
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