Leichte Zunahme der Insolvenzen in Europa
Europa befindet sich in der Krise. Auf der politischen Seite ist es vor allem der Brexit, der der Union zu schaffen macht – auf der ökonomischen Seite bilden sich mehr und mehr Krisenherde durch eine zunehmend protektionistische Wirtschaftspolitik, der sich auch die Länder der Union nicht entziehen können.
Dabei handelt es sich um zwei Seiten einer Medaille. Populistische Zentrifugalkräfte sorgen auch für wirtschaftliche Verwerfungen. Ein Beispiel dafür ist die Politik Italiens vor dem Hintergrund hoher Überschuldung von Staat und Unternehmen.
Immerhin: Trotz der Belastungen entwickelte sich die Wirtschaft in Europa weitgehend stabil auf Basis eines nach wie vor anhaltenden Binnenaufschwungs. Bei einer niedrigen Arbeitslosenquote konnten steigende Staatsausgaben noch einmal für Impulse sorgen. Das Bruttoinlandsprodukt in der entscheidenden Eurozone dürfte 2018 bei knapp 2 Prozent gelegen haben.
Gute Binnenkonjunktur
In Westeuropa ist in den EU-15 Ländern einschließlich Norwegen und der Schweiz ein leichter Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zu registrieren. Diese Zunahme ist die erste seit 2013. Insgesamt waren 165.000 Unternehmensinsolvenzen hinzunehmen – das entspricht einem Plus von 0,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2017. Dagegen haben sich die Unternehmensinsolvenzen in Mittel-und Osteuropa verringert: Zu erkennen ist ein Rückgang um 6,6 Prozent.
Bei den Zahlen zu den Unternehmensinsolvenzen ist in Rechnung zu stellen, dass ein gesamteuropäisches Insolvenzrecht nicht existiert. Die unterschiedlichen Insolvenzordnungen in den einzelnen Ländern sind in ihren Voraussetzungen und Folgen durchaus nicht immer miteinander zu vergleichen. Entsprechend kommt es in vielen Staaten in Europa zu Liquidationen zahlungsunfähiger Betriebe – das Insolvenzrecht spielt in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Dies erklärt auch die Unterschiede in den absoluten Zahlen der einzelnen Länder, die oft in keinem Verhältnis zum Unternehmensbestand stehen.
Markante Zunahme in Skandinavien
Dennoch lohnt der Blick auf die Situation der Insolvenzen in den einzelnen Staaten. So ist der aktuelle Anstieg in Westeuropa weitgehend auf einen Zuwachs der Pleiten in Skandinavien zurückzuführen. So markieren sowohl Finnland (17,3 Prozent), als auch Schweden (13,2 Prozent), Dänemark (12,1 Prozent) und Norwegen (9,9 Prozent) deutliche Zuwächse. Zugenommen hat die Zahl der Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr auch in Luxemburg, in der Schweiz sowie in Großbritannien.
Deutliche Rückgänge zeigen Griechenland (minus 31,7 Prozent), Irland (minus 12,2 Prozent) und Portugal (minus 6,3 Prozent). Wenn noch nicht so ausgeprägt, so zeigen doch auch die Niederlande (minus 4,4 Prozent), Deutschland (minus 3,6 Prozent) und Spanien (minus 3,1 Prozent) sowie auch Italien (minus 2,9 Prozent) ein stabileres Geschehen bei den Unternehmen. Leichte Rückgänge können auch Österreich und Frankreich vorweisen.
Spürbare Rückgänge zeigen auch die Insolvenzzahlen in den osteuropäischen Ländern Tschechien, Slowakei, Kroatien, Litauen und Estland. Gegen den Gesamttrend in Osteuropa haben die Länder Bulgarien, Lettland, Mazedonien, Polen, Slowenien und schließlich die Ukrainer einen Anstieg der Insolvenzzahlen zu registrieren.
Schatten des Brexit
Die Probleme bei den Austrittsverhandlungen im Hinblick auf den Brexit in Großbritannien begleiten unsere Medien schon seit Monaten. Es gelingt auf der Insel nicht, die Modalitäten des Austritts in einen Vertrag zu gießen. Das ausgehandelte Vertragswerk mit der EU fand keine Zustimmung. Diese Unsicherheiten bleiben nicht ohne Folgen auf die britische Wirtschaft. Diese verzeichnete 2018 nur noch eine Wachstumsrate von knapp 1 Prozent. Und schließlich kam es 2018 auch zu einer Zunahme um 1,4 Prozent bei den Unternehmensinsolvenzen auf insgesamt 18.800 Fälle. Prognosen sehen ein weiteres und möglicherweise stärkeres Ansteigen der Insolvenzen für Großbritannien voraus, wenn es tatsächlich zu einem harten Exit kommt und das wirtschaftliche Band zwischen der Insel und dem Festland zerschnitten werden würde.
Zwei außereuropäische Staaten seien mit ihrer Unternehmensinsolvenzentwicklung 2018 hinzugefügt, weil sie eine besondere Bedeutung auch für Deutschland haben. Da ist zunächst die Türkei, wo die Unternehmensinsolvenzen auf 13.600 Fälle um 7,5 Prozent abgenommen haben. Und auch in den USA haben sich die Insolvenzzahlen im Jahre 2018 leicht verringert: Es wurden knapp 38.000 Unternehmensinsolvenzen registriert – ein leichtes Minus von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Anzufügen bleibt: ein markanter Rückgang allerdings zum Höhepunkt der Krise vor zehn Jahren in den Vereinigten Staaten.
Pressekontakt Regional
Marketing
Tel.: +49 89 189293-663
marketing@muenchen.creditreform.de
Pressekontakt
Patrik-Ludwig Hantzsch
Pressesprecher
Leiter Wirtschaftsforschung
Tel.: +49 (0) 21 31 / 109-172
p.hantzsch@verband.creditreform.de
Twitter: @PtrkLdwg