Creditreform Magazin

Schritt für Schritt zum digitalen Ökosystem

Bernd Bütow, Geschäftsführer des Verbandes der Vereine Creditreform, erklärt, wie Creditreform in der Zeit des Shutdowns Kontakt zu Kunden gehalten hat, warum das schon marktreife nächste digitale Angebot konkurrenzlos ist und wann die Arbeiten an der Plattform abgeschlossen sind.

Herr Bütow, die Corona-Pandemie hat einen intensiven persönlichen Austausch von Geschäftspartnern lange Zeit unmöglich gemacht. Wie stark hat die Arbeit von Creditreform darunter gelitten? Schließlich ist die Nähe zu den Unternehmen üblicherweise einer ihrer stärksten Trümpfe.

Natürlich gab und gibt es ein Defizit an persönlicher Ansprache. Wie sollte es auch anders sein? Aber ich denke, wir haben das gut wettmachen können – zum einen durch einen regen Austausch über Videokonferenzen und das gute alte Telefon. Zum anderen zahlt sich aus, dass wir bereits vor einigen Jahren begonnen haben, die Kommunikation mit unseren Kunden zu digitalisieren. So sind wir in der Lage, Kontakt zu halten, auch wenn ein Treffen gerade nicht möglich ist, und können jederzeit zielgenaue Angebote machen.

Wie sah das in der Zeit des Shutdowns konkret aus?

Unternehmen, die an die von der staatlichen Förderbank KfW bereitgestellten Fördermittel kommen wollten, mussten nachweisen, dass sie ausschließlich aufgrund der Corona-Krise Kreditbedarf haben, ansonsten aber wirtschaftlich gesund sind. Mit unserem „Bonitätsnachweis 2019“ haben wir sehr schnell eine spezielle Auskunft entwickelt, mit der Unternehmen belegen konnten, dass sie zum Stichtag 31. Dezember 2019 kreditwürdig waren. Interessenten konnten diesen Nachweis kostenfrei über creditreform.de bestellen und wir haben ihn innerhalb eines Tages verschickt. Das musste schnell gehen, denn für Betriebe, deren Geschäfte durch zum Erliegen gekommen waren, zählte jeder Tag.

Den Bonitätsausweis zu beantragen war dann für viele Unternehmen ein Anlass, wieder mal den Kontakt zu Creditreform zu suchen?

Richtig. Und diesen Ansatz verfolgen wir auch künftig: Wir möchten mit aktuellen Angeboten und Aktionen auf unserer Plattform „Meine Creditreform“ Gesprächsanlässe schaffen, Nachfragen generieren und Beratung kreieren. Die Digitalisierung der Kundenkanäle ist eine große Chance für den Flächenvertrieb, seine qualitativ hochwertige Beratung weiter zu verbessern. Denn er muss sich immer weniger um Standardthemen kümmern – dazu können Kunden Informationen online abrufen. So bleibt Zeit, um im persönlichen Austausch maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig wird es für den Kunden auch ein Stück komfortabler, etwa wenn er einen Vorgang ins Inkasso geben will und dazu auf „Meine Creditreform“ lediglich die entsprechende Rechnung hochladen muss.

Eine solche Plattform bietet auch die Chance, gemeinsam mit Partnern neue Angebote zu kreieren. Creditreform hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit Atradius ein erstes digitales Produkt entwickelt, eine Kreditversicherung. Was kommt als Nächstes?

Wir möchten künftig weitere Angebote in unsere Plattform integrieren. Hierzu entwickeln wir aktuell Pilotangebote, die wir auf Marktgängigkeit testen und im Erfolgsfall weiterentwickeln. So werden wir in Kürze ein Kautionsversicherungsangebot in unser Portal aufnehmen – ein Produkt, das beispielsweise für kleine Bauunternehmen interessant ist, die eine solche Police anstelle einer Bürgschaft vorweisen könnten. Vor allem aber möchten wir künftig die Vorzüge der Blockchain-Technologie stärker für unsere Zwecke nutzen.

Inwiefern?

Denken Sie an das Thema Identitätsprüfung im B2B-Bereich: Es gibt viele Anlässe, zu denen der Geschäftsführer eines Unternehmens seine Identität nachweisen muss. Das geschieht meist über eine Video-Identifikation, wie sie verschiedene Dienstleister anbieten. Das ist aufwendig und lästig, vor allem, wenn man sich häufig identifizieren muss. Komfortabler wäre es, man müsste sich nur einmal dieser Prozedur unterziehen. An dieser Stelle kommt Creditreform als eine Art Vertrauens-Center ins Spiel. Wir vergeben nach einem erfolgreichen Video-Ident eine digitale Identität. Wir   bestätigen, dass Herr oder Frau xy Geschäftsführer des Unternehmens z sind und Tätigkeiten, wie etwa die Anmietung von Fahrzeugen, delegieren dürfen. Möglich machen das unsere umfangreiche Firmendatenbank sowie die Blockchain-Technologie.

Wann könnte ein solches Angebot marktreif sein?

Wir verfügen bereits über einen funktionierenden Prototypen. Aktuell sprechen wir mit Unternehmen, für die Identitätsprüfungen aus unterschiedlichen Gründen wichtig sind. Zum Beispiel mit Finanzdienstleistern, deren Geschäfte strengen regulatorischen Vorschriften unterliegen oder mit Vertretern betrugsaffiner Branchen, wie Verleihern von Baumaschinen. Ziel ist, dass einige B2B-Portale unser Identitätsprodukt bereits in der zweiten Jahreshälfte 2020 integrieren. Wir sind damit Erster am Markt und fürchten auch keine Konkurrenz. Denn das System funktioniert nicht ohne eine umfangreiche und ständig aktualisierte Creditreform-Datenbank.

„Meine Creditreform“ ist ein geschlossenes Portal, Nicht-Mitglieder haben keinen Zugang. Neue Kunden lassen sich damit weniger gewinnen …

Genau deshalb werden wir Ende dieses Jahres auch Nicht-Kunden als registrierte Nutzer auf das Portal lassen. Sie werden zum Beispiel ihr eigenes Unternehmen monitoren können und werden bei Änderungen ihrer Auskunft direkt informiert. In der Folge nimmt das Unternehmen vielleicht auch direkten Kontakt mit uns auf. So vergrößern wir die Nutzerbasis und können neue Mitglieder gewinnen.

Alles kleine Schritte zu einem digitalen Ökosystem.

Richtig, wir möchten unsere digitale Plattform weiter ausbauen, sodass wir am Ende des Tages nicht nur unsere Kunden, sondern auch alle Partner und auch unsere Mitarbeiter integriert haben.

Am Ende des Tages – wann wird das sein?

In vier, fünf Jahren könnte es so weit sein. Aber schon jetzt ist erkennbar, wie sich die Dinge mit hohem Tempo ineinanderfügen. Die Zwänge in der Zeit der Corona-Krise haben der Digitalisierung von Geschäftsprozessen noch einmal einen Schub verpasst.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Interview: Stefan Weber



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