Handwerk: Fachkräfte verzweifelt gesucht
Der Fachkräftemangel in Deutschland wird zum Problem ganzer Wirtschaftszweige. Besonders betroffen davon aber ist das Handwerk. Die große Herausforderung der Handwerksbetriebe, die ihren Nachwuchs traditionell selbst ausbilden, liegt darin, gegenüber größeren Unternehmen attraktive Chancen zu bieten.
Bei der Ausbildung hat das Handwerk einen Namen. Damit hat das Handwerk einen Trumpf in der Hand, wenn es darum geht, dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Im Zuge der alljährlichen Untersuchung zur Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk hat die Creditreform Wirtschaftsforschung auch nach der Situation der Betriebe im Hinblick auf die Ausbildung und Beschäftigung gefragt. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass durch die Novellierung der Handwerksordnung von 2004 eine Vielzahl von zulassungsfreien Betrieben erschien, die allerdings weitgehend über keine Ausbildungsberechtigung verfügen. Auch dies hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Zahl der Auszubildenden in diesem wichtigen Wirtschaftsbereich deutlich zurückgegangen ist. Das Handwerk ist bei der Politik vorstellig geworden und hat auf die Problematik des Fachkräftemangels im Zusammenhang mit dem Meisterbrief hingewiesen. Es geht darum, die Ausübung eines selbstständigen Handwerks wieder stärker an den Meister zu binden. Für viele junge Auszubildende ist die spätere Selbstständigkeit in ihrer Branche geradezu ein Lebensziel – mit der Qualifikation durch den Meisterbrief gewinnt dieses Ziel an Bedeutung.
Creditreform hat einen repräsentativen Bereich aller Handwerksbetriebe befragt, bei denen jeder zweite Betrieb Lehrlinge ausbildet. Bei der Ausbildungssituation gibt es innerhalb der Branchen des Handwerks allerdings markante Unterschiede: Dabei reicht die Spanne der ausbildenden Betriebe von 67,2 Prozent im Kfz-Gewerbe bis zu 28,6 Prozent im Dienstleistungshandwerk. Bei der Frage, ob ausgebildet wird, spielt offenbar eine wichtige Rolle, ob der Betrieb in einem zulassungspflichtigen Handwerk tätig ist oder nicht. So bilden 56,9 Prozent der Betriebe mit Meisterpflicht derzeit Lehrlinge aus, in den zulassungsfreien Handwerken sind es 35,8 Prozent und in den handwerksähnlichen Gewerben nur 24,1 Prozent. Etwa die Hälfte dieser Betriebe (zulassungsfreie Handwerke: 48,3 Prozent; handwerksähnliche Gewerbe: 55,2 Prozent) haben noch nie Lehrlinge ausgebildet. Im zulassungspflichtigen Handwerk ist es nur jeder Fünfte (20,7 Prozent).
Die Meisterprüfung macht das Handwerk attraktiver
Interessant ist es, nach den Gründen dafür zu fragen, warum der einzelne Betrieb nicht ausbildet. Knapp 40 Prozent sprechen davon, dass sie überhaupt keine Bewerbungen vorliegen haben. Weitere 21 Prozent haben keine Ausbildungsberechtigung und 15 Prozent sehen keine Notwendigkeit für Lehrlinge überhaupt. Allerdings wendet auch jeder fünfte Betrieb ein, dass er keine Ausbildungen durchführt, weil er schlechte Erfahrungen damit gemacht hat. Und jeder zehnte Betrieb spricht davon, dass bürokratische Hemmnisse eine Ausbildung wenig wünschenswert sein lassen.
Die Einwanderung und Zuwanderung in Deutschland hat vielfach Hoffnung gegeben, dass aus diesem Potenzial möglicherweise der Fachkräftemangel behoben werden könnte. So hat das Handwerk etwa mit der „Berufsorientierung für Flüchtlinge“ eine Möglichkeit geschaffen, damit Migranten sich zumindest berufsvorbereitend qualifizieren können. Immerhin 21 Prozent der befragten Handwerksbetriebe beschäftigen derzeit Migranten. Dabei ist ein besonders hoher Anteil von rund einem Drittel im Nahrungsmittelhandwerk zu finden. Warum werden nur wenig Migranten beschäftigt? Dies liegt nach Aussage der Handwerksbetriebe daran, dass sich einfach keine Bewerber melden (47 Prozent). Weiter werden Unsicherheiten mit Blick auf das Bleiberecht, bürokratische Hemmnisse oder eben keine Notwendigkeit für weitere Mitarbeiter zu rund 40 Prozent genannt. Das Handwerk spricht aber auch von sprachlichen und kulturellen Barrieren (30 Prozent).
Ob im Hinblick auf die Anziehungskraft auf Lehrlinge oder den Ausweis besonderer Qualifikation – die Wiedereinführung der Meisterpflicht wird von 81 Prozent der Befragten positiv bewertet. So sprechen 72 Prozent der Betriebe davon, dass das Handwerk insgesamt in seiner wirtschaftlichen Situation von der wieder eingeführten Meisterpflicht für alle Betriebe profitieren würde. Bemerkenswert dabei ist, dass sogar die Betriebe, die zulassungsfrei arbeiten, mehrheitlich für die Pläne der Bundesregierung zur Wiedereinführung der Meisterpflicht stimmen.
Quelle: Creditreform Wirtschaftsforschung