Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk 2022/23
Die Wirtschaftslage im Handwerk hat sich angesichts der zunehmenden Belastungen verschlechtert. Das ergab eine Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung unter rund 1.300 Handwerksbetrieben in Deutschland.
Hohe Kosten und eingetrübte Konjunktur – nach Corona kommt die Inflation
Geschäftslage von Energiekrise belastet
Die Mehrzahl der befragten Handwerksbetriebe (65,3 Prozent) beurteilte die aktuelle Geschäftslage aber weiterhin positiv. Im Vorjahr hatten 70,4 Prozent eine sehr gute bzw. gute Geschäftslage gemeldet. „Das Handwerk leidet besonders unter hohen Energiekosten und der Inflation. In Verbindung mit rückläufigen Auftragseingängen und der Zinswende stehen die Zeichen im Handwerk auf Abschwung“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Weitere Indikatoren aus der Umfrage untermauern diesen Befund.
Die Umsatzerwartungen der Betriebe spiegeln die verschlechterten Rahmenbedingungen. Das Handwerk ist deutlich zurückhaltender als im Vorjahr. Ein Drittel der Befragten (33,3 Prozent) rechnet mit einem Umsatzplus – in der Vorjahresumfrage waren es noch 41,3 Prozent. Von 8,4 auf 16,8 Prozent hat sich der Anteil der Pessimisten, die Umsatzeinbußen erwarten, verdoppelt. „Die deutlich verschlechterten Geschäftsaussichten zeigen sich besonders in den Ertragserwartungen, die im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen sind“, so Hantzsch. Maximal rechnen die Bertriebe mit einer stabilen Ertragslage. Fast jeder vierte Befragte (23,1 Prozent) erwartet sinkende Gewinne. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese Quote um rund 10 Punkte erhöht. Ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor für die Geschäftsprognosen sei der weitere Verlauf des Ukraine-Krieges und seiner Folgen.
Investitionsbereitschaft ausgebremst
Neue Investitionen werden im Handwerk deutlich seltener geplant als noch im Vorjahr. Der Anteil der Betriebe, die in naher Zukunft investieren wollen, liegt mit 47,3 Prozent deutlich unter dem Vorjahreswert (58,2 Prozent). Auch im Vergleich der letzten zehn Jahre ist die aktuelle Investitionsbereitschaft am Boden. „Weiter steigende Finanzierungskosten bremsen wichtige Investitionen genauso wie die schwache Auftragsentwicklung der Betriebe“, erläutert Hantzsch. Die Umfragedaten zeigen, dass selbst auf dringend notwendige Ersatzinvestitionen zum Teil verzichtet wird.
Der Personalbestand im Handwerk ist in den vergangenen zwölf Monaten kaum gewachsen. „Der Fachkräftemangel im Handwerk ist fatal. Dabei geht es nicht nur um Neueinstellungen, sondern auch um den Ersatz ausgefallener Beschäftigter“, sagt der Creditreform Sprecher. Auch hinterlasse die Verunsicherung über die weitere Konjunkturentwicklung erste Spuren in der Einstellungsbereitschaft. 20,8 Prozent der Befragten haben das Personal zuletzt aufgestockt (Vorjahr: 21,3 Prozent) und 17,9 Prozent
Mehr Handwerksinsolvenzen
Die Eigenkapitalquoten im Handwerk zeigen weiterhin die Nachwirkungen der Corona-Krise. Der Anteil der eigenkapitalschwachen Unternehmen bleibt nach dem Anstieg im Vorjahr hoch. 34,1 Prozent der Befragten meldeten eine Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent (Vorjahr: 34,3 Prozent). Gleichzeitig wurde bei 22,8 Prozent der Befragten eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent registriert (Vorjahr: 22,1 Prozent). Einen deutlichen Zuwachs an eigenkapitalschwachen Betrieben gab es im Bauhauptgewerbe. „Polykrisen, auslaufende Hilfsmaßnahmen und ein verschärftes Wettbewerbsumfeld sorgen für finanziellen Stress im Handwerk“, warnt Hantzsch. Niedrige Eigenkapitalquoten und schmelzende Rücklagen hätten bereits Spuren hinterlassen. 2022 erhöhte sich die Zahl der Insolvenzen im Handwerk spürbar um 12,0 Prozent. Im Jahresverlauf sind bundesweit 3.270 Insolvenzen von Handwerksbetrieben registriert worden (2021: 2.920). Der prozentuale Anstieg der Insolvenzen war im Handwerk höher als in der Gesamtwirtschaft (plus 4,0 Prozent). Bedenklich ist auch, dass es häufiger als im Vorjahr zu Forderungsausfällen kam. Nur jeder fünfte Betrieb blieb von Forderungsverlusten verschont und 11,3 Prozent der Betriebe waren von hohen Ausfällen betroffen (Vorjahr: 8,1 Prozent).
Inflation belastet das Handwerk
„Die Energiepreise an den Weltmärkten sind seit den Höchstständen im vergangenen Sommer wieder merklich gesunken. Diese Entwicklung kommt aber erst mit Verzögerung bei den Verbrauchern an“, betont Hantzsch. Die hohe Inflation sei weiterhin eines der größten Hemmnisse für das Handwerk. Nahezu alle Handwerksbetriebe spüren die Teuerung beispielsweise bei Energie- und Kraftstoffpreisen. Nur teilweise konnten die Kostensteigerungen ausgeglichen werden. Auch der Fachkräftemangel belastet weiterhin das Handwerk. Die überwiegende Mehrheit der befragten Betriebe (83,4 Prozent) hat Schwierigkeiten, Arbeitskräfte bzw. Berufsnachwuchs zu finden. Daran hat sich im Vergleich zur Vorjahresbefragung wenig geändert.