Zahlungsverzögerungen nehmen zu
Zahlungsverzögerungen sind ein Seismograph des Insolvenzgeschehens. Werden Zahlungsziele überschritten, kommt es zum Verzug und manchmal sogar zum Forderungsausfall.
So ist dies nicht nur für das einzelne Unternehmen kritisch, sondern in den Gesamtauswirkungen auch für die Wirtschaft im Ganzen. Angesichts einer Konjunktur am Scheideweg und einer ebenso unbestimmten Insolvenzsituation gilt es, die vorliegenden Daten zum Zahlungsverzug genauer unter die Lupe zu nehmen.
Was sagt der Zahlungsindikator Deutschland?
Die erste Quelle, die Anhaltspunkte für das Zahlungsverhalten liefert, sind die DRD-Daten von Creditreform. Und tatsächlich: Lieferanten und Kreditgeber mussten im 2. Halbjahr 2018 länger auf ihr Geld warten. Der durchschnittliche Zahlungsverzug im deutschen B2B-Geschäft erhöhte sich auf 10,70 Tage. Im Vorjahreszeitraum (2. Halbjahr 2017) waren Rechnungen im Schnitt 10,58 Tage überfällig. Das zeigt eine Analyse auf Basis des Creditreform Debitorenregisters Deutschland (DRD), für die 3,3 Mio. Rechnungsbelege ausgewertet wurden. Lieferanten und Leistungserbringer haben ihren Kunden im 2. Halbjahr 2018 nicht mehr so lange Zahlungsziele gewährt wie noch im Vorjahr. Die aktuelle Auswertung des Zahlungsverhaltens zeigt ein durchschnittliches Zahlungsziel in Deutschland von nur noch 31,60 Tagen (1. Halbjahr 2018: 31,70 Tage; 2. Halbjahr 2017: 32,57 Tage). Damit verringerte sich das eingeräumte Zahlungsziel binnen eines Jahres um fast einen Tag.
Während die genannten Zahlen aus dem Indikator maschinell generiert werden, kommen noch aktuellere Zahlen aus der empirischen Befragung mittelständischer Unternehmen, welche die Creditreform Wirtschaftsforschung im Frühjahr und Herbst eines jeden Jahres durchführt. Dabei erfreut sich die überwiegende Anzahl der Mittelständler in Deutschland eines guten Zahlungsverhaltens ihrer Kunden. 30 Tage Zahlungsziel sind im Mittelstand die Regel. Und so zahlten auch 94,1 Prozent der privaten und gewerblichen Kunden ihre Rechnung innerhalb dieser Zahlungsfrist. Die öffentliche Hand lässt sich traditionell etwas mehr Zeit: Hier zahlten 86,5 Prozent der Auftraggeber und Kunden innerhalb eines Monats. Sehr lange Forderungslaufzeiten von über 90 Tagen registrierten nur 0,6 Prozent der Befragten – allerdings waren es vor einem Jahr nur 0,3 Prozent. Hohe Forderungsausfälle treten auch bei guter Wirtschaftslage auf, sind aber relativ selten. Bezogen auf den Umsatz sprachen 7,3 Prozent der Befragten von Forderungsverlusten von über einem Prozent des Umsatzes. Auf der anderen Seite ist es durchaus kritisch zu sehen, dass nur 23 Prozent der mittelständischen Unternehmen keine Forderungsverluste hinzunehmen hatten. Während größere Forderungsausfälle vermehrt im Baugewerbe auftraten – nämlich bei 11,9 Prozent der Befragten, schaffte es auf der anderen Seite das Verarbeitende Gewerbe zu einem großen Teil ohne Forderungsverluste zu bleiben – so antworteten 31 Prozent der Befragten.
Und was meint der Export?
In Westeuropa lag die mittlere Forderungslaufzeit 2017 (letzte verfügbare Zahl) bei 53,5 Tagen. Die Realisierung ihrer Forderungen über die Grenzen hinweg ist für viele Lieferanten und Leistungserbringer allerdings sehr unterschiedlich, wenn es in die einzelnen Länder geht. So nahmen die Forderungslaufzeiten in Frankreich, in Österreich/Schweiz und in Skandinavien zuletzt zu. In Frankreich beträgt sie 55,3 Tage, in Skandinavien gute 34,5 Tage und in der Schweiz sowie in Österreich schließlich 32,4 Tage. Führend bleibt allerdings im europäischen Rahmen Deutschland: Bei den aufgrund von Bilanzauswertungen gewonnenen Zahlen ergibt sich für Deutschland eine Forderungslaufzeit von durchschnittlich 27,5 Tagen. Das sieht in anderen Ländern sehr viel schlechter aus: so beträgt die Laufzeit in den Beneluxländern 50,2 Tage, in Spanien 58,9 Tage und in Italien schließlich sogar 95,4 Tage.
Insgesamt geben die unterschiedlichen Quellen zur Bewertung des Zahlungsverhaltens, sowohl national wie international, keinen Anlass zur Sorge. Auch wenn es zuletzt Abschwächungen bei der Zahlungstreue gegeben hat, so ist doch noch kein kritischer Wert erreicht. Wie weit dies bei geänderten konjunkturellen Rahmenbedingungen immer noch zutrifft, bleibt abzuwarten.