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Kommentar zur aktuellen Wirtschaftslage

Liebe Leserinnen und Leser,

die vergangenen Tage waren eine Wohltat. Morgens zwitschern die Vögel, es wird endlich früher hell und die Sonne hat schon Kraft. Schon ein Spaziergang an der frischen Luft wirkt hier Wunder, die Stimmung steigt! Um die gute Laune angesichts des Neustarts der Natur nicht zu gefährden, müsste ich Ihnen dringend abraten, auch nur in die Nähe einer Zeitung, eines Smartphones oder des TV-Geräts zu kommen. Sie könnten glauben, Sie würden in einer besonders absurden Karnevalssitzung in Dauerschleife festsitzen. Und das Gefühl des „Katers danach“ will einfach nicht verschwinden.

900 Mrd. Euro, Infrastrukturpaket, Schuldenplan, Sondierungspapier, Wirtschaftswende, Trump, Putin, Selenskyj, Ukraine – wenige Worte reichen aus, um einen dumpfen Kopfschmerz zu produzieren. Schlimmer noch, mit jeder Tagesschau wird das Unwohlsein größer. Natürlich fällt es leicht, mit dem Kopf zu schütteln und zu bekunden, dass an der verrückten Weltlage (und damit mittelbar auch für die Zustände in Deutschland) der polternde Amerikaner schuld sei. Mit seinen Inszenierungen, Gefühlsausbrüchen und erratischen Statements treibe er ja wohl die Entscheider der ganzen Welt vor sich her. Wenn er nur für immer auf seinem Golfplatz bliebe, wäre doch alles wieder gut. Liebe Leser, die einfachste Schlussfolgerung ist nicht immer die richtige. Der Blondschopf aus dem Weißen Haus wird gerade als Begründung für so ziemlich alles herumgereicht. Konkret wird mit dem als "historisch" bezeichneten Aufeinandertreffen von Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj argumentiert, warum unter der Führung eines möglichen Kanzlers Friedrich Merz das größte Schuldenpaket in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beschlossen werden müsse – 400 Mrd. Euro für Rüstung und 500 Mrd. Euro für Infrastruktur. Was genau aber die mangelnde Unterstützungsbereitschaft Trumps für die Ukraine mit dem Zustand von Berliner Schultoiletten zu tun hat, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Dieses Störgefühl im aktuellen Diskurs um den richtigen Angang für die dringend benötigte Wirtschaftswende wird von Tag zu Tag stärker. Kein Zweifel, Deutschland benötigt große Geldsummen, um die marode Infrastruktur wieder aufzubauen, ein ausgereiftes System der Energiebeschaffung zu etablieren und im Vergleich mit anderen Volkswirtschaften wieder wettbewerbsfähig zu werden. Oder kurz: den Wirtschaftsstandort wieder attraktiv zu machen. Nach allem, was interessierte Beobachter derzeit analysieren, sieht es aber nicht danach aus. Warum? Weil viel Geld eben nicht die Lösung für alle Probleme ist. Das haben wir schon gesehen, als mit horrenden Finanzmitteln zu Corona-Zeiten verhindert wurde, dass Unternehmen in die Insolvenz gehen müssen. Ja, in Zeiten der größten Wirtschaftskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs hatten wir historisch niedrige Pleite-Zahlen. Heute sehen wir aber, dass strukturelle Probleme für einen kurzen Zeitraum einfach nur mit Geld zugeschüttet, aber nicht gelöst wurden. So nähern sich heute die Insolvenzen immer weiter vergangenen Höchstständen an und die übrigen Unternehmen, gerade im Verarbeitenden Gewerbe, kämpfen um die korrekte Richtung. Anstatt also erst mal alles auf den Prüfstand zu stellen und damit effizienter und besser zu werden, steht der Ruf nach „Dagoberts Geldspeicher“ an erster Stelle. Damit entfällt aber jeglicher Anreiz, kritisch zu überprüfen, welche Rolle der Staat gegenüber der Wirtschaft eigentlich einnehmen sollte und wo das Geld der mittlerweile gigantisch hohen Staatseinnahmen von mehr als 2,0 Bill. Euro verteilt wird. Denn eines muss man sich immer wieder klarmachen: dieses Geld und auch das Schuldenpaket von 900 Mrd. Euro wird nicht aus dem Hut gezaubert, es wird von uns allen bezahlt – mit Zinsen.

Daher haben wir in dieser Ausgabe der Creditreform Wirtschaftsnews die topaktuelle Diskussion um Staatsverschuldung als erstes gesetzt. Bei den täglichen Horrormeldungen geht fast unter, dass ein ganz wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft, nämlich der Gesundheitssektor, massiv leidet. Wir haben uns die neueste Creditreform Sonderauswertung zum „kritischen Zustand der Krankenhäuser“ vorgenommen und liefern Ihnen die Ergebnisse mundgerecht zu. Wenn es um die Zukunft unseres deutschen Erfolgsmodells geht, können wir nicht mehr nur auf deutsche Ingenieurskunst vertrauen. Es braucht mehr Innovation und neue Ideen. Darum beleuchten wir in zwei Beiträgen die (immer noch viel zu wenigen) Neugründungen von Unternehmen und auf der anderen Seite das Schmiermittel für neue unternehmerische Wege mit frischen Ideen, das Wagniskapital.

Dazu passt die neueste Folge unseres Creditreform Podcasts „Gute Geschäft – die Streitfrage“ zwischen zwei sehr erfolgreichen Unternehmern. Sie diskutieren darüber, wie eine echte Wirtschaftswende in Deutschland noch gelingen kann:

Nach der Bundestagswahl: Kommt die Wirtschaftswende? | News | Creditreform

Ich wünsche Ihnen viel Mut und Erkenntnis bei der Lektüre unserer aktuellen Ausgabe.

Ihr
Patrik-Ludwig Hantzsch