Creditreform Magazin

Corporate Influencer: Positiver Einfluss aufs Image

Corporate Influencer tragen Botschaften von Unternehmen über die sozialen Medien in die Öffentlichkeit. Das soll Firmen nahbar und authentisch erscheinen lassen und den Vertrieb positiv beeinflussen. Mitarbeiter für diese Aufgabe zu begeistern, kann sich lohnen.

Wer den Hashtag #datevbotschafter bei Instagram eingibt, landet unter Umständen bei Lammkarree und Carrera-Bahnen. „Jeder Datev-Botschafter darf sich seine Themen komplett selbst aussuchen“, betont Projektleiterin Kathrin Krause. Die IT-Dienstleister aus Nürnberg sind als Genossenschaft organisiert, haben aktuell mehr als 8.000 Mitarbeiter. 160 von ihnen betätigen sich als Corporate Influencer. Aktuelle Inhalte stellt der Arbeitgeber klickfertig in einer App bereit, die Botschafter müssen sie nur in den sozialen Medien teilen. Sie posten aber auch Privates oder eigene Beobachtungen aus dem Arbeitsalltag. Dafür sind die Datev-Botschafter mit Sonderrechten ausgestattet, dürfen Fotos innerhalb der Firmengebäude machen. Andere Mitarbeiter dürfen das nicht. Und sie haben einen Informationsvorsprung, bekommen News über Softwareprodukte und Initiativen als Erste zugespielt. Datev misst Reichweiten und Zufriedenheit der Influencer und führt alle Daten jedes Jahr in einem Score zusammen. „Es hat angefangen zu fliegen“, bilanziert Krause, die das Projekt seit dem Start im Mai 2018 betreut. „Wir werden das Botschafterprogramm ganz sicher nicht wieder einstampfen. Wir werden es weiterführen.“

Linkedin: Beliebtes Netzwerk bei Führungskräften 

Corporate Influencer sind in Mode. Die Deutsche Telekom hat ein ganzes Ökosystem um ihre 200 Botschafter geschaffen. Sogar ehemalige Mitarbeiter und Fans posten im Namen der Magentafarbenen. Jährlich sollen so allein bei Twitter nach Telekom-Angaben 20 Millionen Ansichten von Tweets (Impressions) zusammenkommen. Zuletzt schickte Elektronikhändler Media Markt acht Filialmitarbeiter in die Arena, um über Themen wie E-Sports neue Freunde im Web zu finden, insbesondere über die Bunte-Bilder-Plattform Instagram. In den Führungsetagen immer beliebter wird das Business-Netzwerk Linkedin. 16 der 30 Dax-CEOs haben sich dort laut einer Analyse der Beratungsfirmen Egon Zehnder und Kearney registriert. Bei Twitter sind sieben Dax-CEOs angemeldet, ein Profil bei Xing pflegen dagegen nur vier. In der Erfolgsspur ist VW-Chef Herbert Diess, zumindest bei Linkedin, wo er mehr als 160.000 Follower um sich schart. Sie konnten vor dem Bildschirm mitverfolgen, wie Diess mit einem neuen VW-Modell in den Italienurlaub fuhr. „Solche Inhalte hinterlassen in sozialen Medien ungleich mehr Eindruck als das beiläufige Teilen von Pressemitteilungen oder Unternehmensposts“, sagt Mirko Warschun von Kearney. 

Über ihre Aushängeschilder haben Unternehmen die Möglichkeit, Inhalte großflächig in sozialen Netzwerken zu verbreiten, ohne dafür Werbeformate für viel Geld einkaufen zu müssen. Völlig umsonst sind aber auch Corporate Influencer nicht zu haben. Ein Budget von 50.000 Euro jährlich hat Datev für sein Influencer-Programm reserviert. Drei Mitarbeiterinnen aus der Unternehmenskommunikation sind damit beschäftigt. 

Corporate Influencer für eine junge Zielgruppe 

Auch die Sparda-Bank Hessen mit Sitz in Frankfurt nimmt einen fünfstelligen Betrag in die Hand. Sie verfolgt ein Hybrid-Modell. Zwei junge Mitarbeiter aus den Filialen wurden als sogenannte Cashfluencer ausgewählt. Mit ihnen will sich die Sparda-Bank an die junge Generation heranpirschen. Sie posten Finanztipps zur ersten Bude, zum Studium oder zum Autokauf. Flankiert werden sie von zwei externen Influencern, die über eine Agentur eingekauft wurden und Reichweite herstellen sollen.

„Wir wollen die Cashfluencer zu einer Marke machen“, so Social Media Manager Manuel Klos von der Sparda-Bank Hessen. „Ich hatte potenzielle Kandidaten im Kopf. Wir haben einfach bei denen nachgefragt, ob sie Lust dazu hätten. Sie haben sofort zugesagt.“ Finanzielle Vergünstigungen oder Benefits gibt es für die Rolle aber nicht. „Die Botschafterrolle kann man nicht einkaufen“, sagt Klos. „Dazu muss man Lust haben.“ Die Inhalte posten die Cashfluencer nach Absprache mit der Kommunikationsabteilung, der Content kommt von einer Agentur. 

Ohne Risiken ist das Experiment nicht. Denkbar, dass Corporate Influencer trotz eines hohen Ressourceneinsatzes nach außen völlig wirkungslos bleiben. Oder nach innen Animositäten anfachen. Oder Kunden vergraulen oder Rechtsstreitigkeiten auslösen oder einen Reputationsschaden verursachen. „Für den Erfolg einer solchen Kampagne ist es äußerst hilfreich, wenn das Unternehmen ein positives Image hat. Wenn das nicht so wäre, hätten wir die Cashfluencer nicht an den Start gebracht“, so Manuel Klos.

Im besten Fall geht das Projekt durch die Decke. Aber sogar der Erfolg kann zum Bumerang werden: Unternehmen, die Mitarbeiter in sozialen Netzwerken zur Marke aufbauen, machen sich bis zu einem gewissen Grad von ihnen abhängig. Wechseln die Influencer den Arbeitgeber, sind auch deren Follower weg. „Es wäre selbstverständlich gut, wenn die beiden langfristig bei uns bleiben“, sagt Klos. „Darüber hat man aber nicht die hundertprozentige Kontrolle.“ Und zunächst muss das junge Projekt ohnehin noch seinen Erfolg vollends unter Beweis stellen.


So umgehen Sie rechtliche Fallstricke

Sobald Menschen in die Öffentlichkeit treten, machen sie sich angreifbar. Treten sie als Corporate Influencer auf, machen sie auch ihren Arbeitgeber angreifbar. Tatsächlich können Beiträge in den sozialen Medien auf vielerlei Weise gegen geltendes Recht verstoßen, etwa gegen Urheberrechte, Vertraulichkeitsregeln oder das Wettbewerbsrecht. Das Unternehmen kann sogar haften, wenn ein Mitarbeiter auf privaten Kanälen Beiträge online stellt. 

Schulungen
Die rechtlichen Aspekte „waren unser großes Angstthema“, sagt Kathrin Krause von Datev. Vor dem Start der Kampagne habe man sich ein halbes Jahr lang fast ausschließlich mit rechtlichen Fragen beschäftigt. Bestätigt haben sich die Befürchtungen bislang nicht. Dennoch wird jeder Datev-Botschafter eingehend geschult, bevor er die Bühne betritt.

Kennzeichnung
Es müsse immer ausreichend klar sein und kenntlich gemacht werden, dass es sich um einen Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens handelt, rät Claudia Gips, Rechtsanwältin für Medienrecht in Hamburg. „Andernfalls besteht die Gefahr, dass eine verdeckte oder irreführende geschäftliche Handlung vorliegt, für die auch das Unternehmen in die Haftung genommen werden kann.“

Richtlinien
„Unternehmen müssen sich auch bewusst sein: Corporate Influencer sind dann authentisch, wenn sie nicht jeden Beitrag vorab zur Freigabe durch Vorgesetzte oder die Unternehmensleitung vorlegen müssen“, sagt Gips. „Unternehmen geben damit auch eine gewisse Kontrolle ab. Sie müssen ihren Mitarbeitern vertrauen können, dass keine belastenden oder rechtswidrigen Inhalte veröffentlicht werden.“ FAQs im Intranet, Social Media Guidelines und regelmäßige Schulungen können als Leitplanken dienen, an denen sich die Corporate Influencer orientieren.

Grenzen setzen
Der Einsatz von Corporate Influencern betrifft wohlgemerkt nicht nur das Binnenverhältnis zwischen Unternehmen und Mitarbeiter. Beiträge können auch Kunden, Partner oder Wettbewerber betreffen. Wenn Grenzen überschritten werden, droht der Verlust von Kunden, eine Klage oder die Kündigung. Dann wird aus dem Corporate Influencer ganz schnell ein armer Troll.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Sebastian Wolking



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