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Deutsche Wirtschaft am Scheideweg?

Die Bewertungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland im Frühjahr 2019 sind zwiespältig. Der aktuelle Monatsbericht aus dem Bundesministerium für Wirtschaft spricht von einem Spannungsverhältnis zwischen Welt-Konjunktur auf der einen Seite und Binnenkonjunktur auf der anderen Seite.

So können die binnenwirtschaftlich orientierten Branchen des Dienstleistungsgewerbes und der Bauwirtschaft weiter expandieren. Dagegen steht die Schwächephase des eher global ausgerichteten Verarbeitenden Gewerbes. Sowohl die aktuellen Auftragseingänge als auch die Geschäftserwartungen der Industrie signalisieren ein Anhalten dieser Schwäche. Das Wirtschaftsministerium geht allerdings davon aus, dass diese Flaute durch die anderen Wirtschaftssektoren mehr als kompensiert werden wird. Schließlich machen die tertiären Sektoren rund drei Viertel der Bruttowert-Schöpfung in Deutschland aus. Insgesamt verzeichnen wir eine weiterhin stabile Beschäftigung und Steigerungen bei den Einkommen, was für eine Ausweitung des privaten Konsums sorgt. Profitieren kann die Wirtschaft auch von den Maßnahmen der öffentlichen Hand im Hinblick auf Investitionen. Trotz der Risiken durch die Handelskonflikte oder den Brexitprozess, die deutschen Exporteuren weiterhin Kopfzerbrechen bereiten, ist man im Ministerium optimistisch für den weiteren Verlauf des Jahres.

Die Kraft des Mittelstandes

Die Creditreform Wirtschaftsforschung beobachtet die konjunkturelle Entwicklung des deutschen Mittelstandes seit einigen Jahrzehnten. Alljährlich im Frühjahr und Herbst wird eine repräsentative Umfrage durchgeführt, die für die Mitglieder, die Forschung, öffentliche Stellen sowie die Medien von großem Interesse ist.

Insgesamt zeigten sich die Mittelständler im Frühjahr 2019 mit ihrer Geschäftsentwicklung zufrieden. Allerdings waren Zuwächse sowohl bei den Aufträgen als auch bei den Umsätzen seltener als im Vorjahr – tatsächlich wurden vermehrt Auftrags-oder Umsatzeinbußen gemeldet. Der Anteil der Unternehmen, die ein Minus bei den Auftragseingängen hinzunehmen hatten, erhöhte sich von 11,8 auf 15,1 Prozent. Und tatsächlich zeigte sich diese merkliche Abschwächung besonders beim Verarbeitenden Gewerbe.

Die Zuversicht der mittelständischen Betriebe hat gegenüber dem Vorjahr gelitten. Waren es 2018 noch 45,1 Prozent, die ein Umsatzplus erwarteten, so sind es in diesem Jahr nur noch 39,3 Prozent. Auch bei den Auftragserwartungen ist man eher verhalten: 36,7 Prozent rechnen im nächsten halben Jahr mit einer steigenden Zahl von Aufträgen – im letzten Jahr waren es noch 41,3 Prozent. Hinzu kommen 7,1 Prozent der Befragten, die ein Minus beim Auftragseingang befürchten. Die Umsatzsituation muss auch im Zusammenhang mit den Angebotspreisen gesehen werden. So haben 38,9 Prozent der Unternehmen Preiserhöhungen vorgenommen (Vorjahr: 34,8 Prozent). Der Auftragsboom im Baugewerbe hat in dieser Branche am stärksten zu Preiserhöhungen geführt – immerhin 59,5 Prozent der Betriebe gaben an, dass sie die Preise für ihre Leistungen erhöht haben.

KMU beschäftigen die meisten Arbeitnehmer

Erfreulich ist die Stabilität des Arbeitsmarktes in Deutschland. Der Mittelstand, der rund zwei Drittel aller Beschäftigten zu seinen Arbeitnehmern zählt, konnte auch im vergangenen halben Jahr noch einmal aufstocken: Fast ein Viertel der Unternehmen beschäftigen nun mehr Mitarbeiter – nur bei 10,6 Prozent der Betriebe ist die Zahl der Mitarbeiter geschrumpft. Und auch in Zukunft wird dieser Trend anhalten: Fast 30 Prozent der Firmen planen Personalaufstockungen und nur wenige Unternehmen (5,1 Prozent) haben Stellenstreichungen auf die Agenda setzen müssen.

Entscheidend für die Tragfähigkeit der Erwartungen im Mittelstand dürfte die Investitionsbereitschaft sein. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Investitionswille der aktuell Befragten zwar immer noch über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre liegt, allerdings nicht mehr so hoch wie im Vorjahr. 55,2 Prozent der Befragten planen ein konkretes Investitionsvorhaben – im Vorjahr waren es gut sechs Prozentpunkte mehr. Und auch hier zeigt sich einmal mehr die Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes, denn hier ist die Investitionsneigung um 6,5 Prozentpunkte gefallen. Überdurchschnittlich oft sind allerdings Erweiterungsinvestitionen im Verarbeitenden Gewerbe (60,6 Prozent) vorgesehen.

Der Gewinn stimmt

Unter dem Strich hat der Mittelstand eine stabile Ertragslage vorzuweisen: Von steigenden Gewinnen berichteten 23,1 Prozent (Vorjahr: 23,7 Prozent). 16,5 Prozent der Firmen mussten sich mit sinkenden Erträgen beschäftigen. Und auch bei der zukünftigen Ertragslage ist weiterhin Stabilität zu erkennen: Immerhin gehen 31,0 Prozent der Unternehmen von (weiter) steigenden Erträgen aus. Im Vorjahr waren es 32,0 Prozent – der weitaus größte Anteil setzt auch für die Zukunft auf eine stabile Ertragslage (59,2 Prozent).

Die aktuelle Umfrage von Creditreform bestätigt im Großen und Ganzen die Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums: Trotz gewisser Abschwächungen im Verarbeitenden Sektor bleibt Deutschlands Wirtschaft auf Kurs - nicht zuletzt dank der Vielzahl mittelständischer Unternehmen.



Creditreform Villingen-Schwenningen