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Deutsches Handwerk hat morschen Boden

Es war nur ein kurzes Zwischenhoch – 2022 nach der Corona-Pandemie war die Wirtschaft in Deutschland wieder in Fahrt gekommen. Doch mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine mussten alle Hoffnungen auf eine dauerhafte Erholung begraben werden.

Das Handwerk steht beispielhaft für diese Entwicklung: Bereits 2023 gingen die betrieblichen Werte der Unternehmen zurück. Diese negative Entwicklung hat sich nun noch beschleunigt. In manchen Bereichen wurden Zahlen genannt, die noch unter den Angaben im ersten Krisenjahr 2021 liegen.

Stimmung im Keller

Zusammenfassen lassen sich die einzelnen betrieblichen Kennzahlen in den Antworten zur allgemeinen Stimmungslage im Handwerk. Die repräsentativ Befragten gaben zwar noch mehrheitlich zu Protokoll (55,3 Prozent), dass ihre Geschäftslage sehr gut bis gut sei. Doch hat sich auch der Anteil mit ausgesprochen negativen Bewertungen verdoppelt. 7,0 Prozent der Betriebe sprachen von einer mangelhaft bis ungenügenden Geschäftslage. Der Saldo aus guten und schlechten Bewertungen ergibt somit einen Wert von plus 48,3 Punkten und liegt damit rund 14 Punkte unterhalb der Angaben von 2023 und auf einem Tiefstand innerhalb der letzten zehn Jahre. Zum Vergleich: Vor der Krise in den Jahren 2018 bis Anfang 2020 lag der Wert nie unter 75 Punkten.

Die Ursache für die schlechte Stimmung liegt auf der Hand. Von gestiegenen Umsätzen im letzten halben Jahr berichteten nur 28,1 Prozent der Unternehmen – im Vorjahr waren es immerhin noch knapp 38 Prozent. So ergibt sich ein Saldo mit einem hauchdünnen Plus von 0,6 Punkten, weil auch 27,5 Prozent der Befragten sinkende Umsätze hinzunehmen hatten. Am stärksten unter Umsatzrückgängen hatte das Bauhauptgewerbe zu leiden, da hier jeder dritte Betrieb von rückläufigen Umsätzen berichtete. Positiv allerdings war die Umsatzentwicklung im Kfz-Handwerk – hier sprachen 15 Prozent von rückläufigen Umsätzen, aber immerhin fast 40 Prozent von Umsatzsteigerungen. Bei den Umsätzen ist festzuhalten, dass zwei Drittel der Betriebe von gestiegenen Angebotspreisen sprachen. Real also fallen die Umsätze – wenn sie denn überhaupt gestiegen sind – also noch flauer aus.

Wo soll das Personal herkommen?

Angesichts der Krise wird von der Politik gerne auf die Stabilität des Arbeitsmarktes verwiesen. Beim Handwerk lässt der Saldo aus Neueinstellungen und Verkleinerungen des Personalstamms allerdings darauf schließen, dass sich diese Situation bald ändern wird. 19,6 Prozent der Unternehmen gaben an, ihren Personalbestand aufgestockt zu haben. Dem stehen aber 23,5 Prozent gegenüber, die mit weniger Mitarbeitern auskommen mussten. Diese Zahlen sind vor dem Hintergrund eines akuten Fachkräftemangels zu sehen. Selbst Betriebe, die sich einstellungswillig zeigen, werden angesichts der Probleme Schwierigkeiten bei Neueinstellungen haben. Der Saldo aus Neueinstellungen und Entlassungen ist zum ersten Mal seit über zehn Jahren unter die Nulllinie gerutscht.

Die aktuelle Lage stellt sich für die Handwerksbetriebe „grau in grau“ dar. Heller wird es aber auch nicht mit einem Blick in die Zukunft. Steigende Umsätze erhofft sich nur ein Viertel der von der Creditreform Wirtschaftsforschung befragten Betriebe – 2023 war es immerhin noch ein Drittel. Gegenüber dem Vorjahr ist auch der Anteil derjenigen gewachsen, die ein (weiteres) Abflachen der Umsatzkurve erwarten. Mehr als 27 Prozent sehen zukünftig sinkende Umsätze – das sind mehr als 10 Prozentpunkte mehr als 2023. Auch hier gibt es per Saldo zum ersten Mal einen negativen Wert. Die größten Ängste zeigen Bauhauptgewerbe und Ausbauhandwerk mit jeweils über 30 Prozent Anteil bei sinkenden Umsatzerwartungen. Hoffnungsvoller ist die Lage bei den personenbezogenen Dienstleistungen, die wohl auf ein Anspringen des Konsums setzen und zu knapp 40 Prozent positive Umsatzerwartungen hegen. Was bleibt an Gewinn aus den Umsätzen? Auch hier ist der Saldo aus Hoffen und Bangen tiefrot. Nur 18,1 Prozent sehen im nächsten halben Jahr eine Steigerung bei den Erträgen, aber 32,7 Prozent fürchten sinkende Gewinne. Das ergibt einen Saldo von minus 14,6 Punkten – der schlechteste Wert seit 2009.

Keine Azubis, keine Fachkräfte und Mitarbeiter gehen in den Ruhestand

Im Hinblick auf die Betriebszugehörigkeit war das Handwerk immer ein Hort der Stabilität. Auch jetzt wollen immerhin zwei Drittel der Betriebe ihren Mitarbeiterstamm in den nächsten Monaten unverändert lassen. Doch die schlechte Auftragslage und der demographische Faktor, der zum Ruhestand für viele Mitarbeiter führt, lässt die zukünftige Personalentwicklung in schwachem Licht erscheinen. Vom Aufstocken beim Personal sprachen nur noch 20,6 Prozent der Unternehmen (Vorjahr: 25,2 Prozent) und knapp 13 Prozent befürchten, zukünftig mit weniger Mitarbeitern auskommen zu müssen.

Wie in einem Brennpunkt wird das ganze Ausmaß der Misere bei den Investitionen deutlich. Erschwert von den Schwierigkeiten bei der Finanzierung durch gestiegene Zinsen, aber auch durch ein mangelndes Vertrauen in eine wirtschaftliche Besserung sehen sich nur 41,5 Prozent der befragten Betriebe zu Investitionen motiviert. In den Jahren 2014 bis 2020 waren es immer mehr als die Hälfte der Befragten, die angaben, Investitionen durchführen zu wollen. Wenn Investitionen geplant sind, dann in erster Linie Ersatzinvestitionen (61,1 Prozent). Erweiterungsinvestitionen sind nach hinten gerückt und stehen nur bei 44,7 Prozent der Handwerksbetriebe auf der Agenda.

Im Zeichen der Rezession ist auch das Handwerk betroffen. Die wichtigsten Größen zur Bewertung der Konjunktur – Umsätze, Personalentwicklung und Investitionen – haben sich markant verschlechtert. Das Handwerk ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, Entlastungen und Hilfen sind nötig. Dies umso mehr, als zur Konjunkturkrise auch strukturelle Probleme kommen, die von der Digitalisierung, den Anforderungen des Umweltschutzes bis zum Fachkräftemangel reichen.



Creditreform Villingen-Schwenningen