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Software: Mit dem richtigen ERP-System auf Auslandswachstumskurs

Ein starkes Auslandsgeschäft gehört im deutschen Mittelstand häufig zum gesunden Unternehmenswachstum dazu. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei der internationale ERP-Rollout. Wie er gelingt und was dabei zu beachten ist.

Nikolaj Schwert hat Weitsicht bewiesen. Der IT-System-­administrator bei PCE Deutschland in Meschede legte schon 2008 bei der Wahl seines ERP-Anbieters Wert darauf, dass dieser über Erfahrungen im internationalen Geschäft verfügt. Heute zählt das 1999 gegründete Unternehmen zu den erfolgreichsten Anbietern für professionelle Messtechnik. 69 der 100 Mitarbeiter arbeiten in Deutschland, der Rest ist weltweit aktiv – unter dem Namen PCE Instruments unterhält das Unternehmen Standorte in Asien, Europa und den USA.

Mittelständische Unternehmen internationalisieren sich zusehends, etwa um Absatz- und Beschaffungsmärkte zu diversifizieren, ihre Produktionskosten zu senken oder den Zugang zu Talenten zu erhalten. Laut der Kienbaum-Studie „Quo vadis, deutscher Mittelstand?“ haben mehr als die Hälfte der großen Mittelständler (53,8 Prozent) über sechs und mehr Auslandsniederlassungen, 63 Prozent der kleineren fokussieren sich auf fünf Auslandsstandorte. Die wesentlichen Zielmärkte befinden sich der Studie zufolge industrieübergreifend in Europa, Nordamerika und Asien.

Keine Frage: Wer eine Niederlassung im Ausland eröffnet, muss viele Herausforderungen bewältigen. Dazu gehören auch die IT-Systeme und ERP-Lösungen. Sie unterstützen bei der Planung und Steuerung der Unternehmensressourcen. Wer sein System in allen Niederlassungen nutzen möchte, muss es jedoch an die jeweiligen Länder anpassen – angefangen von der Sprache bis zur Gesetzgebung. „Wichtig ist, sich im Vorfeld mit den länderspezifischen Regularien, Gesetzen und Compliance-Themen auseinanderzusetzen. Damit einhergehend ist auch die Wahl der Gesellschaftsform pro Land nicht zu unterschätzen“, erklärt Tim Langenstein, Vorstandsvorsitzender des auf internationale ERP-Lösungen spezialisierten Anbieters e.bootis in Essen.

Vor dem Rollout sollte sich das Unternehmen darüber im Klaren sein, ob es eine zentrale oder eine dezentrale ERP-Installation bevorzugt, ebenso ob sich eine zentrale Stammdatenverwaltung anbietet oder diese dezentral gehalten werden soll. Und nicht zu unterschätzen ist die Frage, welche Prozesse länderübergreifend erfolgen sollen. „Nicht immer muss es am Auslandsstandort ein vollständiges ERP-System sein, manchmal ist auch eine lokale Lösung besser oder eine Aufteilung in ein lokales Buchhaltungssystem und ein international gleiches ERP-System“, weiß Norbert Gronau, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, Prozesse und Systeme an der Universität Potsdam und Gründer der Potsdam Consulting Advisory GmbH.

Die Auswahl an ERP-Systemen ist riesig

Bei rund 300 ERP-Systemen fällt die Wahl oft schwer, Gronau gibt in seinem aktuellen Ratgeberbuch „Handbuch der ERP-Auswahl“ nützliche Informationen und Checklisten an die Hand. Ist das System ausgewählt, geht es um die Einführung und den Support: „Die Einführung kann heute durchaus weitgehend virtuell durch Berater aus Deutschland erfolgen“, sagt Gronau. „Einen First-Level-Support, also eine erste Anlaufstelle bei Problemen, wird das Unternehmen selbst sicherstellen müssen. Aber ab einem Second-Level-Support, wenn Expertenwissen gefragt ist, ist es sinnvoll, auch in der Landessprache kommunizieren zu können. Die ERP-Anbieter haben dazu unterschiedliche Repräsentanzen im Ausland.“

IT-Systemadministrator Schwert von PCE Deutschland entschied sich für die e.bootis-ERPII Suite, die er weltweit nutzen kann. In den letzten zehn Jahren hat PCE die Software in Großbritannien, Frankreich, Italien, Türkei, Spanien, den USA, den Niederlanden, Polen, Hongkong, China und Dänemark eingeführt. „Die größte Herausforderung war und ist, die jeweiligen länderspezifischen Regularien einzuhalten“, erklärt Schwert. Dazu zählen etwa, welche Informationen auf den Rechnungen stehen müssen sowie das Einpflegen der Übersetzungen für die Anwendungen, Textbausteine und Reports. Eine entscheidende Rolle spielt auch die technische Vernetzung: „Damit die ausländischen Filialen e.bootis nutzen können, müssen diese einen VPN-Zugriff auf unser Netzwerk erhalten“, berichtet Schwert. Ein Vorteil: So kann auch auf die Drucker in den jeweiligen Ländern zugegriffen werden, etwa um Lieferscheine und Rechnungen zu drucken.

So gelingt der erfolgreiche Rollout

Bei der Wahl des Anbieters war ihm wichtig, dass dieser ihn bei der Planung und Umsetzung unterstützt. Bei der gesuchten Lösung sollte jeder Mandant, also jedes Land, Zugriff auf dieselben Daten wie Artikelstamm, Lieferanten- oder Rabattgruppen haben, wie sie PCE Deutschland bereits verwendet. „Auch die zentrale Verwaltung der Mandanten, Artikel und auch der Benutzerrechte war uns wichtig. Auf der anderen Seite sollte jeder Mandant eigenständig sein, also einen eigenen Kundenstamm aufbauen und über eine eigene Lagerverwaltung verfügen. Die Verkaufspreise in anderen Währungen sollten sowohl per Umrechnungskurs als auch von uns anpassbar sein“, listet er die Anforderungen auf, die er beim Essener Anbieter erfüllt fand.

Auch bei der besten Vorbereitung können Mittelständlern beim Rollout ihres ERP-Systems an ihren ausländischen Standorten Fehler unterlaufen. „Bei Potsdam Consulting haben wir viele solcher internationalen Einführungen begleitet“, sagt Gronau und rät: „Niemals sollte das System der Zentrale unreflektiert ins Ausland übertragen werden. Auch sollte der Wunsch nach effizienter Finanzberichterstattung nicht den Ausschlag für die zu realisierende Lösung geben. Immer müssen die wertschöpfenden Prozesse im Vordergrund stehen.“ Und besondere sei darauf zu achten, außerordentlich engagierte Auslandsstandorte nicht zu vernachlässigen und damit zu demotivieren. „Solche Standorte können oft eine Inspiration für die manchmal träge Zentrale sein“, weiß Gronau aus seiner Erfahrung.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Iris Quirin
Bildnachweis:  Toowongsa / Adobe Stock



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