Liquidität sichern mit Sale-and-Lease-Back
Sale-and-Lease-back verbessert die Liquidität, entlastet die Bilanz und bringt oft Steuervorteile für die Firma. Aber für welche Anlässe eignet sich diese Art der Finanzierung?
Die Ahorn Hotels & Resorts bewegen sich steil auf Wachstumskurs. Entsprechend hohe Summen investiert das Familienunternehmen mit Sitz in Berlin in die Entwicklung der sechs Häuser in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. „In den vergangenen Jahren haben wir teilweise fünfstellige Beträge pro Hotel zum Beispiel für neue Soft- und Hardware oder auch für Möbel ausgegeben“, sagt Holger Knossalla, kaufmännischer Geschäftsführer der Ahorn Hotels & Resorts.
Das Unternehmen arbeitet mit zahlreichen Lieferanten zusammen. „Wir erzielen durch die bewusste Auswahl unserer Auftragnehmer bei der Anschaffung Kostenvorteile“, sagt Knossalla. Das stellt besondere Anforderungen an die Finanzierung. „Wir haben uns für ein Sale-and-Lease-back-Geschäft entschieden, weil wir so neben steuerlichen Vorteilen auch unsere Liquidität stärken“, sagt Knossalla.
Das Modell funktioniert so: Die Ahorn Hotels & Resorts kaufen zum Beispiel Lizenzen für Software oder anderes Hotelequipment von verschiedenen Anbietern. Wenn die Investitionen ein bestimmtes Volumen erreicht haben, verkauft die Hotelgruppe diese Anschaffungen an die Gesellschaft Abcfinance und least sie zeitgleich wieder zurück. „Diese besondere Form des Sale-and-Lease-back ist für uns komfortabel und kostet uns nicht mehr als klassisches Leasing“, erläutert Knossalla.
„Sale-and-Lease-back ist eine zusätzliche Handlungsoption für den Unternehmer, auch nach kurzentschlossenen Käufen.“
Jürgen Schuck, Abcfinance
Komfortabel, weil der Geschäftsführer vorab nur kurz das Okay des Finanzierers einholen muss, ob die Objekte finanziert werden können. Darüber hinaus kann er mit seinen Lieferanten frei verhandeln. „Das Sale-and-Lease-back-Geschäft realisieren wir später und erhalten dann innerhalb kurzer Zeit die Ausgaben auf einen Schlag von Abcfinance zurück“, sagt Knossalla. In der Regel wird die Hotelgruppe nach Ende der Leasinglaufzeit wieder Eigentümer der Objekte.
In dieser Form orientiert sich Sale-and-Lease-back (SLB) am klassischen Leasing – mit dem Unterschied, „dass der Unternehmer mit uns im Nachgang der Anschaffung einen Vertrag abschließt“, sagt Jürgen Schuck, Finanzierungsexperte der Leasinggesellschaft Abcfinance in Köln. „Sale-and-Lease-back ist eine zusätzliche rückwirkende Handlungsoption für den Unternehmer. Es wird häufig nach kurzentschlossenen Schnäppchenkäufen genutzt, wenn zum Beispiel die Gelegenheit günstig war und ein Kauf zunächst unausweichlich“, erklärt Schuck das Modell. In der Regel können Firmenchefs ein Objekt bis rund drei Monate nach Anschaffung an die Leasingfirma verkaufen.
Sale-and-Lease-back in der Bilanz
So wird Sale-and-Lease-back zu einem relevanten Nischengeschäft für die Branche. „Dessen Anteil am Leasingneugeschäft betrug 2018 rund sieben Prozent“, sagt Horst Fittler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen in Berlin. Im Jahr erzielen die Anbieter rund vier bis fünf Milliarden Euro Neugeschäft. „Wenn sich die Finanzierungssituation von Unternehmen signifikant verschlechtert, wird voraussichtlich auch das Neugeschäft von Sale-and-Lease-back steigen. Dies war während der Finanzkrise 2008/09 zu beobachten“, sagt Fittler.
Hintergrund: Der Leasingnehmer erzielt einen Liquiditätszufluss, den er für weitere Investitionen oder für Finanzengpässe nutzen kann. „Das Unternehmen verbessert seine Bilanzkennzahlen und optimiert die Bilanzstruktur. Denn nach HGB werden die geleasten Wirtschaftsgüter bilanziell beim Leasinggeber aktiviert“, erklärt Fittler. Durch den Kapitalzufluss steigen das Eigenkapital sowie die Bonität der Firma. Die Vorteile bieten Unternehmern damit genug Anlass, das Modell Sale-and-Lease-back situationsbezogen für sich zu prüfen. Was Firmenchefs dazu wissen sollten:
Sale-and-Lease-back-Anbieter finden
„Es spielt keine Rolle, ob es sich um ein neues oder um ein gebrauchtes Objekt handelt“, sagt Abcfinance-Spezialist Jürgen Schuck. Die meisten Leasinggesellschaften machen es nur zur Maßgabe, dass das Wirtschaftsgut noch nicht lange in der Bilanz aufgetaucht sein darf – wenn überhaupt. „Das Modell eignet sich für universal einsetzbare, werthaltige Maschinenparks und somit für produzierende oder verarbeitende mittelständische Unternehmen. Darüber hinaus ist das objektbasierte Finanzierungsinstrument auch für Fahrzeuge, IT-Equipment oder für Immobilien gut geeignet“, sagt Fittler.
Die Gesellschaften kaufen Objekte, die sie im Zweifel schnell wieder verwerten können. Bei immateriellen Wirtschaftsgütern wie Patenten, Lizenzen oder Marken wird es in der Regel schwieriger. Deren Wert lässt sich bis zum Ende der Laufzeit nicht so einfach bemessen. „Da lohnt es sich, mehrere Angebote einzuholen und Konditionen zu vergleichen“, sagt Kerstin Bleumer, Teamleiterin Mobilien und Leasing beim Vergleichsportal Compeon. Die Plattform bietet hier die Möglichkeit, mit einer Anfrage parallel mehrere Anbieter anzusprechen. Bleumer gibt Unternehmern zur Auswahl des richtigen Anbieters noch den Tipp: „Unternehmer sollten auf eine gute und umfassende Beratung achten, welche die Vor- und die Nachteile für das jeweilige Unternehmen im Hinblick auf den Liquiditätsgewinn detailliert beleuchtet.“
Sale-and-Lease-back als Sanierungsfinanzierung
Einige Anbieter – unter anderem die Gesellschaft Maturus Finance GmbH in Hamburg – schließen sogar mit Firmen in Krisensituationen Verträge. „Die Finanzierung funktioniert bei uns bonitäts- und bankenunabhängig. Das Augenmerk liegt auf der Werthaltigkeit des vorhandenen Maschinenparks“, erklärt Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter von Maturus.
Die Firma EMDE Automation im rheinland-pfälzischen Nassau nutzte SLB zur Restrukturierung. Nach Einführung eines ERP-Systems kam es im vergangenen Jahr zu Problemen bei der Auftragsabwicklung. Das Traditionsunternehmen brauchte eine Restrukturierung und neue Investoren. Die Firma arbeitete damals mit fünf Geschäftsbereichen, die jeweils einzeln veräußert werden sollten. Das Unternehmen verfügte über einen großen Maschinen- und Anlagenpark.
Ein Investor entschied sich, den Kaufpreis nicht über einen klassischen Bankkredit, sondern via Sale-and-Lease-back zu finanzieren: Er kaufte die Maschinen und Anlagen im ersten Schritt, verkaufte sie aber zeitgleich an Maturus Finance. Der Finanzierer verleaste die Vermögenswerte an die Firma zurück. Folge: Der Investor setzte die internen Reserven und damit das im Maschinenpark gebundene Kapital frei. „Verkäufe in Krisensituationen müssen schnell über die Bühne gehen“, weiß Carl-Jan von der Goltz.
Doch Sale-and-Lease-back eignet sich nicht nur in schlechten Zeiten. Wenn beispielsweise einer von zwei Gesellschaftern eines Maschinenbauunternehmens aussteigen will, kann Maturus Finance Maschinen erwerben und der scheidende Gesellschafter kann mit der gewonnenen Liquidität ausbezahlt werden. Von der Golz steigt in der Regel bei einem Finanzierungsvolumen zwischen 400.000 Euro und 15 Millionen Euro ein. Auch legt die Leasinggesellschaft Wert darauf, ganze Maschinenparks zu kaufen. Einzelobjekte interessieren den Finanzierer in der Regel nicht.
Kosten für Sale-and-Lease-back einschätzen
Thomas Schader, Geschäftsführer der Succeed GmbH in Dieburg und Vorsitzender der Fachgruppe Sanierung des KMU-Beraterverbands, warnt allerdings davor, das Konstrukt als Allheilmittel anzusehen: „Sale-and-Lease-back zählt für uns sicherlich nicht zum Tagesgeschäft, zumal diese Variante unterm Strich für die Firmen relativ teuer werden kann.“ Die Aufwendungen bewegen sich schnell auf dem Niveau einer Beteiligungsfinanzierung.
Die Risikoabschläge bei der Bewertung sind in der Regel entsprechend hoch. Joachim Haedke, geschäftsführender Gesellschafter des Finanzportals Finanzierung.com erklärt: „Maßgeblich für die Höhe der monatlichen Leasingrate sind der Wert des Leasingguts, die Bonität des Leasingnehmers und der vereinbarte Rückkaufpreis.“ Vor Beginn der Leasinglaufzeit werde das Leasinggut in der Regel von einem Sachverständigen begutachtet.
Gibt es mehrere Leasinggüter – etwa einen Maschinenpark – kann das mehrere Tage dauern. „Das kann ins Geld gehen“, warnt Haedke. „Ein Gutachter kostet pro Tag etwa 2.000 Euro.“ Bei einigen Leasinggesellschaften käme eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von zwei bis drei Prozent des Auszahlungsbetrags hinzu. Möglich sei auch ein Risikoabschlag auf den ermittelten Wert des Leasingguts.
Wie hoch ist die Leasingrate?
Die Höhe des Zinssatzes der monatlichen Leasingrate richtet sich nach der Bonität des Unternehmens. „Wenn es schnell gehen muss und eine bonitätsunabhängige Lösung vonnöten ist, kann der Zinssatz zehn Prozent und mehr betragen“, so Haedke. Trotz der Kosten ist Haedke überzeugt von den Möglichkeiten der Finanzierungsform. „Viele Firmenchefs hören das erste Mal von Sale-and-Lease-back, wenn sie beim Insolvenzverwalter stehen. Dabei hätte genau dieser Schritt damit vermieden werden können.“
Auch Ahorn-Geschäftsführer Knossalla, der SLB aus ganz anderen Gründen nutzt, ist mit seiner Lösung zufrieden. Er reicht Abcfinance nur seine Rechnungen und Zahlungsnachweise ein. „Die Abwicklung geht recht schnell und unkompliziert. Wir stecken jährlich unseren Finanzierungsrahmen ab, innerhalb dessen wir uns bewegen wollen, und dann läuft das reibungslos“, sagt er.
Pro & Contra Sale-and-Lease-Back
Die Vorteile
- Für SLB braucht es keine Sicherheiten.
- Die Anschaffung beziehungsweise das Leasing belastet die Bilanz nicht.
- Das Rating steigt.
- Die Firma kann die Leasingraten steuerlich geltend machen.
- Das Unternehmen realisiert eine banken-unabhängige Finanzierung.
- Die freie Kreditlinie bei der Hausbank wird daher nicht berührt – mit positiven Effekten für Folgefinanzierungen.
Die Nachteile
- Sollte das Leasinggut plötzlich nicht mehr gebraucht werden, kann ein Ausstieg aus dem Vertrag sehr schwierig sein.
- Die Firma darf nicht in Zahlungsverzug kommen. Die Leasingfirma kann dann kündigen.
- Die Instandhaltung und die Reparatur bleiben in den Händen der Firma.
Was Sale-and-Lease-Back bei Immobilien interessant macht
- Die großen Leasingfirmen bieten die Möglichkeit, Immobilien zum Verkehrswert an sie zu verkaufen und sich liquide Mittel für Investitionen zu sichern.
- Die Gesellschaften bewerten die Immobilie und kaufen sie zum aktuellen Verkehrs- oder Ertragswert.
- Um Grunderwerbsteuer zu vermeiden, wird sie in eine allein für die Immobilie gegründete Objektgesellschaft übertragen.
- Die Objektgesellschaft vermietet sie dann langfristig an die Firma, etwa über eine Laufzeit von 20 Jahren.
- Das Modell kommt in der Regel ab einem Immobilienwert von mindestens zwei Millionen Euro infrage.
- Das SLB-Verfahren kann insbesondere auch bei einer Nachfolge interessant werden. Denn vielfach scheitern Übernahmen am hohen Kaufpreis einer Firma, wenn der Unternehmer eine betriebliche Immobilie im Vermögen hält. Die Lösung: Der Unternehmer verkauft das Gebäude an die Leasinggesellschaft und der Nachfolger least sie zurück. Der Senior sichert mit dem Verkauf seine Altersvorsorge und kann über das erzielte Kapital frei verfügen. Der Junior reduziert seinen Kreditbedarf für die Übernahme.