Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Zusammenfassung der Auswirkungen des Gesetzes der Folgenmilderung der Pandemie auf die Inkassobearbeitung. Trotz Zahlungsverweigerungsrecht können die meisten Mandate ohne Einschränkungen ungehindert weiterbearbeitet werden. Die Inkassospezialisten kennen die Rechtslage und berücksichtigen sie.

Stand 09.04.2020

Das am 01.04.2020 in Kraft getretenen Gesetz sieht folgende vorübergehende Regelungen im Zivilrecht vor, die den Forderungseinzug betreffen:

1. Zahlungsverweigerungsrecht des Schuldners bei Dauerschuldverhältnissen bis 30.06.20202.
2. Kündigungsschutz bei Miet-und Pachtverhältnissen bis 30.06.20223.
3. Stundung vom 01.04.-30.06.2020 bei Verbraucherdarlehensverträgen

Im Einzelnen gelten folgende Änderungen:

 

1. „Wesentliche“ Dauerschuldverhältnisse
Zahlungsverweigerungsrecht des Schuldners (Moratorium) bis zum 30.06.2020

VORAUSSETZUNGEN

  • Schuldner ist Verbraucher oder Kleinstunternehmen (bis zu 9 Mitarbeiter und bis 2 Mio. € Jahresumsatz)
  • „wesentliches“ Dauerschuldverhältnis
  • ungekündigter Vertrag, vor dem 08.03.2020 geschlossen
  • Zahlung pandemiebedingt nicht möglich
  • Schuldner muss Nachweis führen (z.B. Kurzarbeitergeld Bescheinigung)
  • Schuldner muss ausdrücklich die Einrede des Leistungsverweigerungsrechts geltend machen

 

Für welche Vertragsverhältnisse gelten diese Regelungen?
„wesentliche“ Dauerschuldverhältnisse, die zur Eindeckung mit Leistungen der Daseinsvorsorge erforderlich sind.

Dazu zählen:

  • Pflichtversicherungen
  • Verträge über die Lieferung von Strom und Gas
  • Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen
  • Verträge über Wasserver-und -entsorgung

 

Bei Miet-und Pachtverträgen (ebenfalls Dauerschuldverhältnisse) besteht kein Zahlungsverweigerungsrecht aber Kündigungsschutz (siehe unten Ziffer 2)

RECHTSFOLGEN

  • Durchsetzbarkeit des Zahlungsanspruchs vom 01.042020 –30.06.2020 gehemmt, also auch kein Verzug

 

FOLGEN FÜR DIE INKASSOBEARBEITUNG
Alle Mandate werden uneingeschränkt bearbeitet. Erst wenn der Schuldner die Pandemie-Einrede berechtigt erhebt, muss der weitere Forderungseinzug bis zum Ende des Moratoriums (30.06.2020) ruhen. Verzugsschaden für diese Zeit kann nicht berechnet werden.

 

WAS GESCHIEHT NACH ABLAUF DES MORATORIUMS?
Nach Ablauf des Aussetzungszeitraums (30.06.2020) sind die vorübergehend ausgesetzten Zahlungspflichten in vollem Umfang zu erfüllen. Gleiches gilt für die bereits vor dem 01.04.2020 entstandenen Verzugskosten. Leistungsverweigerungsrecht steht dem Schuldner nur solange zu, wie er pandemiebedingt zahlungsunfähig ist. Entfällt dies, kann er sich nicht mehr auf die Pandemie berufen, wenn er nicht zahlt.

 

Praxistipp für den Gläubiger: Diese Regelungen beziehen sich ausschließlich auf die oben bestimmten Dauerschuldverhältnisse. Es ist mit„Trittbrettfahrern“ zu rechnen, d.h. Schuldner aus anderen Vertragsbereichen, die unter Berufung auf die Ausnahmeregelung die Zahlung ablehnen. Dies ist rechtlich unzulässig. Allerdings kann in einem solchen Fall tatsächlich aufgrund der Corona-Krise eine Leistungsunfähigkeit des Schuldners vorliegen, was dann individuell zu berücksichtigen wäre.

DAUER DES MORATORIUMS
Das Zahlungsverweigerungsrecht ist zunächst bis zum 30.06.2020 befristet.
Bei Andauern der Beeinträchtigung durch die Pandemie kann das Moratorium verlängert werden.

 

2. Miet-und Pachtverhältnisse
Kündigungsschutz bis 30.06.2022

VORAUSSETZUNGEN

  • Miet-oder Pachtvertrag
  • Zahlung pandemiebedingt nicht möglich
  • Zahlungsverzug zwischen 01.04.2020 und 30.06.2020

 

RECHTSFOLGEN

  • Kein Kündigungsrecht des Vermieters bis 30.06.2022
  • ABER: Kündigungsmöglichkeit wegen früherer Mietrückstände oder falls überfällige Miete nicht bis 30.06.2022 nachgezahlt ist.
  • Bei Zahlungsverzug haftet der Mieter für den Verzugsschaden (z.B. Verzugszins, Inkassokosten). Zur Miete zählen auch Vorauszahlungen für Betriebs-und Nebenkosten.

 

FOLGEN FÜR DIE INKASSOBEARBEITUNG
Keine. Alle Mandate werden uneingeschränkt bearbeitet, da nur Kündigungsrecht eingeschränkt.

 

3. Verbraucherdarlehensverträge
Stundung fälliger Zahlungen

VORAUSSETZUNGEN

  • Ungekündigter Verbraucherdarlehensvertragvor dem 15.03.2020 geschlossen
  • Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins-oder Tilgungsleistungen zwischen 01.04.2020 und dem 30.06.2020 fällig
  • Zahlung pandemiebedingt nicht möglich

 

RECHTSFOLGEN

  • Stundungkraft Gesetzesfür die Dauer von 3 Monaten mit Eintritt der Fälligkeit
  • Stundung für Verbraucher nicht bindend. Er kann ganz oder teilweise früher leisten
  • Während der Stundungkein Verzug.
  • Darlehensvertrag wird um Stundungsdauer verlängert•Nachfolgende Zahlungstermine verschieben sich um 3 Monate•Stundung wirkt gegen jeden Gesamtschuldner
  • Zusammenhang zwischen Pandemie und Zahlungsunfähigkeit gesetzlich vermutet
  • Kündigung des Darlehens zwischen 01.04.2020 und 30.06.2020 unwirksam

 

FOLGEN FÜR DIE INKASSOBEARBEITUNG
Stundung wird bei der Inkassobearbeitung beachtet.

GÜLTIGKEIT
Diese Regelung kann bei Bedarf auf Kleinstunternehmen oder bis zum 30.09.2020 ausgedehnt werden.