Working Capital
Management

Definition, Kennzahlen & Ziele
 

Ein gutes Working Capital Management ist ein wichtiger Hebel für eine bessere Liquidität und höhere Rentabilität. Wie sich das im Unternehmen gebundene Kapital wirkungsvoll verbessern lässt.

Was ist Working Capital Management?

Ein unsicheres wirtschaftliches Umfeld, hohe Belastungen durch Steuern, Energie- und Investitionskosten setzen auch Firmen mit einem gesunden Geschäftsmodell unter Druck. Besonders betroffen sind laut einer Studie der Hochschule Luzern und der FH Kiel aus dem Jahr 2023 Unternehmen aus Branchen mit hoher Konjunkturempfindlichkeit. Dazu gehören etwa der Handel, die Unterhaltungsbranche, der Tourismus und die Logistik. Gerade diesen, aber auch allen anderen, empfehlen die Ökonomen ein „effektives und effizientes Working-Capital-Management etablieren“, um ihre Liquidität, ihre Profitabilität und ihr Eigenkapital zu verbessern.

Working Capital Erklärung: Das sogenannte Working Capital (WC), auch Nettoumlaufvermögen, ist eine der wichtigsten Bilanzkennzahlen. Denn es gibt Auskunft über die kurzfristige finanzielle Gesundheit sowie die betriebliche Effizienz eines Unternehmens. Die Definition von Working Capital ist die Differenz zwischen den kurzfristigen Vermögenswerten, also vor allem Bargeld und Forderungen und den kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten. Working Capital Management wiederum zielt darauf ab, das Nettoumlaufvermögen so effizient wie möglich zu gestalten. Das bedeutet, sicherzustellen, dass das Unternehmen einerseits jederzeit in der Lage ist, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Andererseits sollte aber auch gewährleistet sein, dass nicht unnötig viel Kapital im Umlaufvermögen gebunden ist.

Working Capital: Bedeutung für Unternehmen

Die regelmäßige Überwachung und effektive Verwaltung des Working Capital ist unverzichtbar für die finanzielle Gesundheit und den reibungslosen Betrieb eines Unternehmens. Beim Working Capital Management geht es hauptsächlich darum, Lagerbestände sowie Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zu optimieren. Das Ziel: Das im Unternehmen gebundene Kapital soll reduziert werden, um Liquidität zu generieren. Diese zusätzliche Liquidität kann beispielsweise dazu genutzt werden, die eigene Zahlungsfähigkeit zu sichern oder eigene Verbindlichkeiten zurückzuzahlen. Das wiederum führt zu einem geringeren Verschuldungsgrad und kann einen positiven Effekt auf das Rating bei externen Kapitalgebern haben.

WC Management ist jedoch mehr als die Beschaffung von möglichst viel Liquidität. Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zu finden zwischen kurzfristig benötigter und nicht benötigter Liquidität. Es geht darum, das Working Capital effizient zu gestalten. Optimieren statt maximieren. Ein zu positives WC deutet darauf hin, dass möglicherweise zu viel Kapital im Umlaufvermögen gebunden ist, das an anderer Stelle (etwa für Investitionen) mehr Rendite für das Unternehmen erbringen würde.

Die Bestandteile des Working Capital

Das Working Capital ist der Saldo aus Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Nachfolgend geben wir Ihnen hier einen Überblick über die einzelnen Komponenten des Umlaufvermögens und der kurzfristigen Verbindlichkeiten: 

Umlaufvermögen

Das Umlaufvermögen ist ein Teil des Gesamtvermögens. Es ist eine Ressource, die für den Umsatz bestimmt ist und daher nur kurzfristig im Unternehmen bleibt. Das Umlaufvermögen wird etwa für den Verbrauch, den Verkauf, für die Verarbeitung oder für Rückzahlungen verwendet.

Zum Umlaufvermögen gehören zum Beispiel:

  • Vorräte: Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, Waren, geleistete Anzahlungen
  • Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, gegenüber verbundenen Unternehmen und Unternehmen im Beteiligungsverhältnis, sonstige Vermögensgegenstände
  • Wertpapiere: Anteile (eigene sowie an verbundenen Unternehmen), andere Wertpapiere
  • Liquide Mittel: Kassenbestand, Schecks sowie Guthaben bei Kreditinstitutionen oder der Bundesbank

 

Kurzfristige Verbindlichkeiten

In der Bilanz sind Verbindlichkeiten eines Unternehmens die Summe der noch offenen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den eigenen Lieferanten oder anderen Gläubigern. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind finanzielle Verpflichtungen, die meist eine Laufzeit von weniger als einem Jahr haben.

Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gehören:

  • Verbindlichkeiten aus Kontokorrentkrediten
  • Darlehen mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr
  • Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr
  • Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener sowie der Ausstellung eigener Wechsel
  • erhaltene Anzahlungen

Kennzahlen im Working Capital Management

Um all diese Posten des Umlaufvermögens sowie der kurzfristigen Verbindlichkeiten in ein Verhältnis zu setzen und das Working Capital besser steuern zu können, haben sich bestimmte Kennzahlen etabliert. Die wichtigste Kennzahl im WC Management ist der sogenannte Cash Conversion Cycle, der die Dauer des Geldumschlags angibt. Diese Zahl zeigt an, wie lange das Kapital im betrieblichen Wertschöpfungsprozess durchschnittlich gebunden ist.

Ermittelt wird der Cash Conversion Cycle aus der Umschlagdauer der Lagerbestände (Days Inventory Outstanding, DIO) und Forderungen (Days Sales Outstanding, DSO) abzüglich der Umschlagdauer der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (Days Payables Outstanding, DPO).

Days Inventory Outstanding (DIO)

Der Wert „Days Inventory Outstanding“, auf Deutsch die Lagerreichweite oder Bestandsreichweite, gibt die durchschnittliche Zahl von Tagen an, die ein Unternehmen seine Waren vor dem Verkauf lagert. Sind die Werte niedrig, bedeutet dies meist eine geringe Kapitalbindung und somit eine gute Effizienz Das Unternehmen schlägt sein Kapital zügig um und bindet wenig in unverkauften Beständen.

Days Sales Outstanding (DSO)

Die Zahl „Days Sales Outstanding“ oder Debitorenlaufzeit gibt an, wie viel Tage im Durchschnitt vergehen, bis Kunden ihre Rechnung bezahlen. Je niedriger dieser Wert ist, desto schneller fließt das in Kundenaufträgen gebundene Geld zurück und kann für neue Projekte verwendet werden. Unterdurchschnittliche DSO-Werte können ein Indiz für ein exzellentes Mahnwesen sein. Vergleichsweise schlechte DSO-Werte können auf Defizite im Forderungsmanagement deuten - oder aber auf Zahlungsprobleme der Kunden.

Days Payables Outstanding (DPO)

Die Days Payable Outstanding, die Kreditorenlaufzeit, zeigt auf, wie viele Tage ein Unternehmen im Durchschnitt benötigt, um Lieferantenrechnungen zu begleichen. Hohe DPO-Werte sind nicht selten. Viele Unternehmen wollen das fällige Geld noch so lange wie möglich nutzen – etwa für kurzfristige Investitionen. Somit sind die DPO in der Praxis gleichbedeutend mit einem Kredit. Die DPO-Werte können je nach Branche stark variieren.

Ziele des Working Capital Management

Ein effektives Working Capital Management setzt gebundenes Kapital frei, generiert so Liquidität und schafft Freiraum für Investitionen. Zudem verbessert es die Kapitalrentabilität eines Unternehmens.

Working Capital und Liquidität

Zentrales Anliegen des Working Capital Managements ist es, Zahlungsengpässe zu vermeiden und jederzeit in der Lage zu sein, kurzfristig fällige Verbindlichkeiten aus kurzfristigen Vermögenswerten zu decken. Zu diesem Zweck identifiziert das Working Capital Management im Umlaufvermögen unnötig gebundenes Kapital, setzt es frei und schafft auf diese Weise Liquidität. Ein hohes WC gewährleistet eine sichere Liquiditätssituation.

 

Rentabilitätssteigerung

Kapital, das im Umlaufvermögen gebunden ist, wird als nicht zinsbringendes oder „totes“ Kapital gewertet. Neben der Liquidität belastet es auch die Kapitalrendite eines Unternehmens. Working Capital Management verfolgt somit neben der Liquiditätssicherung auch das Ziel, unnötig gebundenes Kapital freizusetzen, um die Kapitalrentabilität zu verbessern. Im Spannungsverhältnis zwischen Liquiditätssicherung und Liquiditätsfreisetzung geht es darum, das Working Capital zu verbessern, nicht zu maximieren.

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Wie hoch sollte das Working Capital sein?

Wer das Working Capital lediglich als Gradmesser für die Liquidität eines Unternehmens betrachtet, könnte meinen, dass es möglichst hoch sein sollte. Denn bei einem positiven WC ist sichergestellt, dass ein Unternehmen sämtliche kurzfristigen Verbindlichkeiten aus dem Umlaufvermögen begleichen kann und weder Eigenkapital aufbringen noch einen Kredit aufnehmen muss. Ein negatives Ergebnis zeigt: Das Umlaufvermögen reicht nicht aus, um alle kurzfristigen Verbindlichkeiten zu decken. Liquiditätsschwierigkeiten drohen.

Aber: Ein übermäßig hohes Working Capital ist ein Indiz, dass zu viel Kapital im Umlaufvermögen gebunden ist – was wiederum die Rendite drückt.

Im Geschäftsalltag hat sich deshalb vor allem eine Kennzahl zur Bewertung der Höhe des Working Capital etabliert. Die sogenannte Working Capital Ratio. Sie beschreibt, wie groß der Anteil der Verbindlichkeiten ist, die durch das Umlaufvermögen finanziert werden kann.

Working Capital Ratio = Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 Prozent

Diese Kennzahl sollte über 100 Prozent liegen. Liegt sie darunter, bedeutet das, dass das vorhandene Umlaufvermögen nicht ausreicht, um alle kurzfristigen Verbindlichkeiten zu bezahlen. In dem Fall ist die finanzielle Stabilität deutlich angeschlagen und es müsste beispielsweise Anlagevermögen verkauft werden, um Verbindlichkeiten zu begleichen.

Eine Working Capital Ratio von bis zu 200 Prozent gilt als positiv, denn sie beinhaltet auch noch ausreichend hohe Reserven. Noch höhere Werte hingegen können auf zu hohe Lagerbestände hindeuten, oder auch auf einen hohen Zahlungsverzug bei Kunden.

Wie lässt sich das Working Capital verbessern?

Unternehmer haben viele Möglichkeiten zur Working Capital Optimierung. Im Kern geht es darum, die Zeit der Kapitalbindung im betrieblichen Wertschöpfungsprozess zu verkürzen. Stellschrauben dafür gibt es in den Bereichen Debitoren, Kreditoren und Bestände:

Bestandsmanagement

Vor allem bei Produktions- und Handelsunternehmen bietet das Bestandsmanagement viele Möglichkeiten zur Optimierung. Ziel ist ein möglichst geringer Bestand an Vorräten und Waren, ohne jedoch die Lieferfähigkeit zu gefährden. So lassen sich Lagerkosten minimieren und die Opportunitätskosten des gebundenen Kapitals reduzieren. Sinnvoll ist, den Fokus vor allem auf Vorräte und Waren mit hohem Wertanteil zu richten. Weitere Optimierungen können sich aus der Analyse des gesamten Leistungsprozesses, von der Produktplanung bis zum Vertrieb, ergeben. Bei der Produktplanung beispielsweise gilt, dass standardisierte Produkte und Baugruppen schneller umgeschlagen werden als stark differenzierte Produkte. Möglicherweise bieten auch eine Just-in-Time-Fertigung oder Outsourcing Ansatzpunkte, um Bestände zu reduzieren.

 

Forderungsmanagement

Am Anfang aller Bemühungen um eine möglichst kurze Forderungslaufzeit steht die Prüfung der Zahlungsbereitschaft und Bonität eines Geschäftspartners, etwa mit der Creditreform Wirtschaftsauskunft. Ist die vereinbarte Leistung erbracht, sollte zeitnah die Rechnung gestellt werden – mit Angabe des Zahlungsziels. Unverzichtbar ist eine nachhaltige Zahlungsüberwachung mit entsprechendem Mahnwesen bis hin zur Einschaltung eines externen Inkasso-Dienstleisters und – falls erforderlich - Einleitung rechtlicher Schritte.

Factoring, also der Verkauf von kurzfristigen Geldforderungen inklusive des Ausfallrisikos, bietet die Möglichkeit, gebundenes Kapital freizusetzen. Dafür sind Zinsen auf das bevorschusste Volumen zu entrichten. Ihre Höhe orientiert sich meist an den klassischen Kontokorrentzinsen.

 

Verbindlichkeitsmanagement

Unternehmen, die mit ihren Lieferanten und Dienstleistern geschickt verhandeln, können zudem ihren eigenen finanziellen Spielraum optimieren. Zum Beispiel, indem sie möglichst lange Zahlungsziele vereinbaren und für den Fall frühzeitiger Zahlungen Skonti aushandeln. Solche Forderungen lassen sich umso leichter durchsetzen, je stärker die eigene Marktstellung ist. Die Bündelung von Lieferanten oder die Bildung von Einkaufsgemeinschaften sind Möglichkeiten, die Verhandlungsposition zu verbessern. Wichtig für ein effizientes Verbindlichkeitsmanagement ist zudem eine leistungsfähige Kreditorenbuchhaltung, die sicherstellt, dass Rechnungen erst mit Skontofälligkeit oder Fälligkeit bezahlt werden. Eine Bewertung der Lieferanten hinsichtlich Liefertreue und Qualität der Lieferungen hilft ebenfalls eine geringere Kapitalbindung zu erreichen, indem sie etwa Reklamationen minimiert.

Mit Working Capital Management Liquidität sichern und Rentabilität verbessern

Mit einem aktiven Working Capital Management können Unternehmen ihre Liquidität sichern und die Rentabilität verbessern. Im Kern geht es um eine Optimierung des Nettoumlaufvermögens. Die Herausforderung besteht darin, die richtige Balance zu finden. Also das Working Capital so auszubalancieren, dass ein Unternehmen jederzeit in der Lage ist, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Es sollte aber auch nicht unnötig viel Kapital im Umlaufvermögen binden. Damit das gelingt, haben Unternehmen vielfältige Möglichkeiten zur Working Capital Optimierung - etwa durch Management der Bestände oder der Gestaltung ihrer Beziehung zu Kreditoren und Debitoren.

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