Creditreform Magazin

Düstere Aussichten für das neue Jahr

2024 wird wirtschaftlich nicht besser als 2023. Zu unsicher ist die Lage bei uns im Land, zu unstet der Kurs der Bundesregierung. Gleichzeitig haben wir mit geopolitischen Faktoren zu kämpfen.

Der anhaltende Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, Spannungen mit China rund um Taiwan und eine anstehende US-Wahl, deren Ausgang vollkommen offen ist. Laut der Prognose von Kiel Economics könnte das BIP im kommenden Jahr um ein Prozent zurückgehen. Im Institut der deutschen Wirtschaft sind wir zwar nicht ganz so pessimistisch, aber eine Rezession ist dennoch das wahrscheinlichste Szenario. Wir rechnen mit einem Minus von 0,5 Prozent. Dass Deutschlands Wirtschaft schrumpfen oder zumindest nicht mehr wachsen wird, sehen auch die übrigen Institute so, die ihre Prognosen kürzlich anpassten. 

Wirtschaftsverbände sind pessimistisch 

Wer den Prognosen allein nicht traut, braucht nur bei den Unternehmen nachzufragen. Traditionell befragen wir gegen Jahresende die wichtigsten Wirtschaftsverbände zur Geschäftslage: vom Bergbau bis zum Luft- und Raumfahrzeugbau, von der Lederindustrie bis zur Messewirtschaft. Für uns ist diese Befragung eine wertvolle Informationsquelle, mit der wir die konjunkturelle Lage in Deutschland einschätzen können. Und gerade, weil diese Befragung seit vielen Jahren so zuverlässig funktioniert, bereiten mir die diesjährigen Ergebnisse große Sorgen. 30 der 47 Verbände bewerten ihre aktuelle Situation schlechter als vor einem Jahr. Zur Erinnerung: Ende 2022 war die Lage auch nicht gut, die Wirtschaft kämpfte mit weltwirtschaftlichen und energiepolitischen Unsicherheiten. Doch heute sind es insbesondere die geopolitischen Verwerfungen, die Deutschland als Exportland zusetzen – neben der Regierungsschwäche im eigenen Land. Die Folgen werden wir in diesem Jahr auch auf dem Arbeitsmarkt spüren. Gut die Hälfte der befragten Verbände geht für 2024 von einem Beschäftigungsrückgang in ihrer Branche aus, darunter auch Konjunkturtreiber wie der Maschinenbau und die Bauindustrie. Außerdem wollen die Unternehmen aus beinahe jedem zweiten Verband weniger investieren als 2023. Das sollte uns zu denken geben, denn eigentlich sollten die Investitionen in Zeiten von Dekarbonisierung und Digitalisierung steigen.  

Sondervermögen statt Sparprogramm 

Doch seitens der Politik sind keine großen Impulse zu erwarten. Wochenlang musste das Land den Haushaltsstreit der Ampel hinnehmen, am Ende stand ein Kompromiss, der kein bestehendes Problem löst, sondern neue schafft. Nun wird an allen Ecken und Enden gespart, als hätte die Bundesrepublik ein Kapitalmarktproblem. 2024 wird das sicherlich noch einigermaßen gutgehen, doch schon im Haushaltsjahr 2025 wird der Ausgabendruck größer. Dann steht die Regierung wieder vor der Frage: Noch mehr kürzen oder die Mittel anderweitig beschaffen? Spätestens 2025 bräuchte es deshalb ein in der Verfassung verankertes Sondervermögen. Ob die Ampel allerdings noch die notwendige politische Kraft für eine solche parteienübergreifende Einigung findet, bleibt zweifelhaft. Nein, für 2024 sieht es wirklich düster aus.

Prof. Dr. Michael Hüther leitet seit 2004 als Direktor und Mitglied des Präsidiums das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Mit seinem Team forscht und veröffentlicht er zu Themen wie dem aktuellen Strukturwandel, Ordnungspolitik, aktuellen und vergangenen Wirtschaftskrisen wie auch zur Regulierung der Kapitalmärkte. 


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Prof. Dr. Michael Hüther



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