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Zum 10 Mal in Folge CrefoZert für Scanhaus
Im Rahmen der Verleihung interviewte die Ostsee-Zeitung Friedemann Kunz und Klaas Küther
Scanhaus-Chef fordert Umdenken bei der Zinspolitik
Steigende Zinsen, sinkende Aufträge: Die Baubranche leidet auch in Mecklenburg-Vorpommern unter den Entscheidungen der Politik.
Von Andreas Ebel
Rostock. Der Fertighaushersteller Scanhaus Marlow gehört bundesweit zu den Unternehmen mit der besten Bonität. Für eine Eigenkapitalquote von 90 Prozent – sie beschreibt das Verhältnis des Eigenkapitals zum Gesamtkapital – zeichnete die Wirtschaftsauskunftseinrichtung Creditreform das Unternehmen jetzt zum wiederholten Male aus. „Diese Bonität ist schon außergewöhnlich“, so Creditreform-Prokurist Klaas Küther. Durchschnittlich liegt die Eigenkapitalquote der Unternehmen in MV bei aktuell 31,9 Prozent. Damit liegt der Nordosten bundesweit auf dem vierten Platz. Die Statistik führen Sachsen (35,9 Prozent), Thüringen (34,5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (32 Prozent) an. Schlusslichter des Bundesvergleiches sind Hamburg (23 Prozent) und Berlin (23,2 Prozent). Zins- und Wirtschaftspolitik haben dabei einen großen Einfluss auf die Lage der Unternehmen.
Darüber sprach die OZ mit Scanhaus-Chef Friedemann Kunz und Klaas Küther von Creditreform.
Herr Kunz, ein Großteil Ihrer Kunden ist beim Hauskauf auf Kredite angewiesen. Nun steigen die Zinsen gerade weiter. Was macht das mit Ihrer
Branche?
Friedemann Kunz: Man sollte eines nicht vergessen – vor 15 Jahren waren wir froh, wenn wir Zinsen von sieben und acht Prozent bekommen haben. Heute sind es vier oder viereinhalb Prozent, also ein immer noch niedriges Niveau. Was der Branche wehtut, sind die ganzen Vorschriften und das Hin und Her aus Berlin, wenn Gesetzesvorschläge zwei Monate lang gelten und dann neue kommen. In Kombination mit gestrichenen Förderungen für Eigenheimbau und Kredite ist das ein großes Problem.
Merken Sie denn einen Rückgang bei den Aufträgen?
Kunz: Ja, aber sehr bescheiden. Während die Branche bei den reinen Auftragseingängen zwischen 60 und 90 Prozent verliert, liegen wir zwischen 30 und 40 Prozent. Wir steuern natürlich gegen, indem wir zum Beispiel unser Produktportfolio mit Mehrfamilienhäusern erweitert haben. Die kommen sehr gut an. Wir haben gerade in Nordbayern innerhalb von vier Wochen schon zwei verkauft und gebaut. Und man darf nicht vergessen, dass wir einen erheblichen Auftragsbestand haben. So können wir diese Zeit sehr gut überwinden.
Das heißt, die Arbeitsplätze sind sicher hier in Marlow?
Die sind sicher. Und wir brauchen zusätzlich noch in allen Bereichen neue Mitarbeiter.
Was ist Ihre Prognose für die nächsten Jahre – werden die Zinsen weiter steigen?
Wir haben jetzt ein gutes halbes Jahr richtig Zinssteigerungen gehabt. Ich denke, dass sie kurzfristig weiter steigen werden. Aber dann werden die Zinsen wieder sinken. Wahrscheinlich nicht so weit runter wie in der Vergangenheit mit einem Prozent, aber die werden runtergehen.
Herr Küther, Sie beschäftigen sich ja ganz viel mit Bonität. Gibt es gerade wieder mehr Unternehmen, die jetzt in Zahlungsschwierigkeiten kommen?
Küther: Wir merken, dass aktuell die Anzahl der Bonitätsanfragen steigt, unsere Mitglieder sich absichern und ihre Lieferanten und Auftraggeber prüfen. Auch die Inkassoeingänge steigen. In den ersten drei Monaten haben wir deutschlandweit fast tausend Insolvenzen mehr im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen.
Auf Mecklenburg-Vorpommern bezogen: Welches sind die Branchen, die am stärksten betroffen sind und welche am wenigsten?
Küther: Die am stärksten betroffene Branche ist die der vorbereitenden Baustellenarbeiten, Bauinstallation und des sonstigen Ausbaugewerbes. Danach folgen Einzelhandel und Gastronomie.
Es gibt in diesem Land ja gerade Herausforderungen, die eigentlich nach Investitionen schreien – es fehlen Wohnungen, die Energiewende ... Was muss der Staat aus Ihrer Sicht tun?
Kunz: Die aktuelle Zinspolitik steht dem leider entgegen. Früher gab es ja auch noch die Eigenheimzulage, die viele genutzt haben, die sonst nicht hätten bauen können. Jetzt wurden auch noch die KfW-Kredite eingestellt – das ist alles kontraproduktiv.
Küther: Wenn jetzt noch junge Familien mit mehreren Kindern, die früher bei niedrigen Zinsen aufs Eigenheim umgeschwenkt sind, auf den Mietmarkt strömen, wird das noch zur Überhitzung des Marktes beitragen. Vor allem in Ballungsgebieten wie Rostock, Schwerin und Greifswald. Allein deswegen wäre es schon schön, wenn die Zinsen sinken würden.
Kunz: Das stimmt. Wir hatten in den vergangenen Jahren 100 000 erteilte Baugenehmigungen in Deutschland gehabt. Wenn die Prognosen stimmen und der Markt um 75 Prozent einbricht, dann ziehen 75 000 Menschen nicht mehr ins Eigenheim. Sondern die bleiben dann in ihren Wohnungen, was den Mangel an Wohnraum noch verschärft.
Die grüne Partei, die in Berlin mitregiert, die fremdelt ja auch mit dem klassischen Eigenheim. Wird es in zehn Jahren noch Eigenheime von Scanhaus Marlow geben oder sind das nachher alles Mehrfamilienhäuser?
Kunz: Zu hundert Prozent wird es immer Eigenheime geben. Denn es gibt ganz viele Menschen, die sich überhaupt nicht vorstellen können, in einer Wohnung zu leben. Diese Menschen müssen auch das Recht haben, in ihrem Eigenheim zu wohnen mit ihren Familien. Unser Programm mit den Mehrfamilienhäusern ist zustande gekommen, weil wir die breite Front abdecken wollen. Aber dass jetzt der Stopp von Einfamilienhäusern kommt, das kann ich mir nie im Leben vorstellen.
Quelle: Ostsee-Zeitung vom 23.5.2023