Hier finden Sie eine Übersicht unserer aktuellsten Veröffentlichungen.
Presse, Fachbeiträge & Neuigkeiten
Die Immobilienwirtschaft in der Krise: Herausforderungen, Chancen und Perspektiven
Mit der Baubranche ist insbesondere auch die Immobilienbranche, als ein zentraler Bestandteil der globalen Wirtschaft, gegenwärtig von Rezessionsängsten und ökonomischer Unsicherheit geprägt.
Rezessionsängste und Inflation: Herausforderungen für die Immobilienbranche
Es zeichnet sich eine Veränderung im Trend der Insolvenzen in Deutschland ab. Im 1. Halbjahr von 2023 meldeten 8400 Unternehmen Insolvenz an. Besonders betroffen sind dabei vor allem das Baugewerbe und der Handel. Im Baugewerbe wurden zu Jahresbeginn die meisten Unternehmensinsolvenzen mit 246 Fällen (plus 19,4 Prozent) verzeichnet. Die geschätzten Forderungen der Gläubiger aus den im Januar gemeldeten Unternehmensinsolvenzen belaufen sich auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Im Januar 2022 lagen die Forderungen bei gut 1,4 Milliarden Euro.
Mit der Baubranche ist insbesondere auch die Immobilienbranche, als ein zentraler Bestandteil der globalen Wirtschaft, gegenwärtig von Rezessionsängsten und ökonomischer Unsicherheit geprägt. Diese Auswirkungen gehen über die allgemeine Geschäftsentwicklung hinaus. Insbesondere die stark gestiegene Inflation und die folgenden geldpolitischen Änderungen durch die Europäische Zentralbank haben unmittelbare Konsequenzen für den Immobiliensektor, was zu mehreren Insolvenzen bekannter Unternehmen in kurzer Zeit führte.
Die aktuellen Krisen setzen die Branche erheblichen Belastungen aus. Faktoren wie der Ukraine-Konflikt, geopolitische Spannungen und Lieferengpässe haben einen zusätzlichen, negativen Effekt auf das Investitionsklima. Besonders besorgniserregend ist die gestiegene Inflation, die in erster Linie durch den drastischen Anstieg der Energiepreise vorangetrieben wird. Dies führt zu realen Kaufkraftverlusten bei den Verbrauchern und zwingt die Europäische Zentralbank zu Maßnahmen. Die ersten Zinsanhebungen seit über einem Jahrzehnt wirken sich auf die Immobilienbranche aus, was den verteuerten Bau- und Immobilienkredite geschuldet sind
Insolvenzwelle in der internationalen und deutschen Immobilienbranche und die Auswirkungen
Auf dem ehemaligen Quelle-Gelände in Nürnberg sollte das Bauprojekt "The Q" entstehen, mit städtischen Einrichtungen, Geschäften und Wohnungen. Jedoch hat der Immobilienentwickler Gerchgroup Insolvenz für mehrere Holdinggesellschaften beantragt. Vier Dachgesellschaften der Gerchgroup – Gerchgroup AG, Gerch Development GmbH, Marathon Beteiligungsgesellschaft mbH und Gerch Beteiligungen GmbH – haben aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt.
Sogar große Wohnungskonzerne wie Vonovia und LEG Immobilien mussten Milliardenverluste hinnehmen. Ein Kernproblem liegt in der Liquiditätsfalle: Bauträger müssen Baufirmen sofort bezahlen, während Bauherren in Etappen zahlen. Fehlende finanzielle Mittel können zur Existenzbedrohung führen, da Liquiditätsreserven aufgrund der anhaltend schwierigen Marktsituation in den meisten Fällen aufgebraucht werden.
Die Insolvenz eines Unternehmens hat auch Auswirkungen auf zahlreiche Handwerker, die als Subunternehmen agieren. Dies können beispielsweise offene Rechnungen oder die Ungewissheit der Fortsetzung der Arbeit sein. So auch bei dem Nürnberger Unternehmen Project-Immobilien-Gruppe. Project-Immobilien ist ein Projektentwickler mit Schwerpunkt auf schlüsselfertigen Wohn- und Gewerbeimmobilien. Nach den Immobilienentwicklern Development Partner und Euroboden meldete auch die Project-Immobilien-Gruppe Anfang Juli Insolvenz an. Diese hatten beispielsweise ein Investitionsvolumen von 3,2 Milliarden Euro geplant.
Personal- und Materialengpässe verschärfen die Situation. Experten warnen davor, dass Projektentwicklungsunternehmen und Bauträger in Schwierigkeiten geraten, insbesondere wenn ihre Projekte nicht ausreichend finanziert sind. Das vermehrte fehlende Interesse von potenziellen Käufern an Wohnungen führt auch zu Problemen bei den Verkäufen.
Auch der internationale Markt ist von der Krise betroffenen. Beispielsweise hat der chinesische Immobilienkonzern Evergrande Gläubigerschutz in den USA beantragt. Grund für die Krise sind Schulden in Höhe von 300 Milliarden Euro. Evergrande wurde zum Symbol für den chinesischen Immobiliensektor, der sich noch in einer anhaltenden Krise befindet.
Das Saarland leidet ebenfalls unter der Krise. Im 1. Halbjahr belief sich der baugewerbliche Umsatz auf 666 Millionen Euro, was einem Rückgang um von 0,7% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Im Bauhauptgewerbe wiesen der mit 200 Millionen Euro und der Tiefbau mit 227 Millionen Euro jeweils Umsatzrückgänge von 1,5% und 2,3% auf. Der Wohnungs- und Straßenbau bestätigen mit einem Umsatzminus von 14,9% und 9,9% diesen Trend.
Verschlechterte Zahlungserfahrung der Unternehmen
Laut dem Debitorenregister Deutschland sinkt die Zahlungsmoral der Unternehmen von Woche zu Woche. Immer mehr Rechnungen werden zu spät oder gar nicht beglichen. Mehr als 2,1 Millionen Rechnungen wurden zu spät beglichen, und etwa 280.000 Unternehmen konnten ihre Zahlungsziele nicht einhalten.
DRD ist der Datenpool von Creditreform zum anonymen, systematischen und branchenübergreifenden Austausch von Zahlungserfahrungen. Zu rund 1,06 Mio. Unternehmen liegen Zahlungsinformationen im Debitorenregister Deutschland (DRD) vor. Die Zahlen zum Zahlungsindikator beruhen auf überfälligen, aber ausgeglichenen Belegen. Ein Belegvolumen von rd. 9,12 Mrd. Euro zu 1.153 Branchen wird in Deutschland analysiert. Monatlich werden aktuell 23,7 Millionen Zahlungsinformationen ausgewertet.
Seit 2020 ist die Überfälligkeit im Baugewerbe von durchschnittlich 12,47 Tage auf 14,62 Tage angestiegen. In den Pandemiejahren hatte sich dieser Effekt verstärkt. Parallel stieg die Außenstandsdauer im Schnitt von 39,05 Tage im Jahr 2020 auf 41,43 Tage im Jahr 2023.
Möglichkeiten durch die Immobilienkrise
Trotz der unmittelbaren Schwierigkeiten bieten sich der Immobilienbranche auch Chancen in dieser Zeit der Krise. Eine potenzielle Marktberuhigung ist in der Lage, dass überhitzte Immobilienmärkte sich wieder ausbalancieren. Zudem könnte der Druck, innovative Lösungen zu entwickeln, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, neue Wege für den Fortschritt in Technologie und Betriebsweise einleiten. Außerdem profitieren Investoren, die in der Lage sind, sich auf die veränderte Situation einzustellen, von den gesunkenen Immobilienpreisen und können dadurch langfristige Gewinne erzielen. Die Krise kann somit als Katalysator für neue Denkansätze und Geschäftsmodelle dienen.
Die Immobilienwirtschaft steht zweifellos vor großen Herausforderungen, die durch die aktuelle Krisensituation verursacht werden. Die steigenden Zinsen und die erhöhte Unsicherheit belasten den Markt. Dennoch eröffnen sich auch Möglichkeiten für Innovation und Anpassung. Die Branche muss sich bewusst sein, dass Flexibilität und die Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Umstände Schlüsselfaktoren für ihren langfristigen Erfolg sind. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Immobilienwirtschaft in der Lage ist, ihre Resilienz unter Beweis zu stellen und sich trotz der aktuellen Belastungen auf eine vielversprechende Zukunft auszurichten.