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Ende der Inflation?
Endlich einmal eine gute Nachricht zur Inflation. Das Statistische Bundesamt meldete aus Wiesbaden, dass die Inflationsrate im Oktober voraussichtlich nur noch bei einem Plus von 3,8 Prozent liegen werde.
Das ist der niedrigste Wert seit dem Frühjahr 2022, als durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Teuerung in Deutschland historisch bisher nicht gesehene Höchststände erreicht hatte. Auch wenn die zweistelligen Höchststände wohl der Vergangenheit angehören, war die aktuelle Meldung doch überraschend deutlich. Und nimmt man die Zahlen, die die EZB nennt, so ist die Teuerungsrate noch geringer. Die Zentralbank spricht von 3,0 Prozent für den Oktober in Deutschland (Unterschiede ergeben sich aus den angewandten Berechnungsmethoden).
Nahrungsmittel bleiben teuer
Wird die Inflationsrate ohne Nahrungsmittel und Energie berechnet, so erreicht sie im Oktober einen Wert von plus 4,3 Prozent. Für den Verbraucher aber sind die Nahrungsmittelpreise für die private Haushaltsführung von entscheidender Bedeutung. Sie lagen mit einem Plus von 6,1 Prozent überdurchschnittlich hoch. Bemerkenswert, jedenfalls auf den ersten Blick, ist der Rückgang bei den Energiepreisen, bei dem ein Minus von 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu registrieren war. Dabei kommt allerdings ein Basis-Effekt zum Tragen, weil die Energiepreise vor einem Jahr ein besonders hohes Niveau erreicht hatten. Das Statistische Bundesamt stellt einen privaten Inflationsrechner zur Verfügung, in dem jedermann seinen persönlichen Verbrauch einsetzen kann und dann die entsprechenden Veränderungsraten sieht.
Hauskauf erschwinglicher
Tatsächlich spielt das persönliche Erleben vor dem Hintergrund der individuellen wirtschaftlichen Situation eine besondere Rolle bei der Einschätzung der Inflation. Ein gutes Beispiel für diese Einschätzung gibt der Immobilienkauf durch private Personen. Viele gerade jüngere Menschen stellen sich vor, dass der Erwerb einer eigenen Wohnung oder eines eigenen Hauses früher günstiger war. Das IW hat nun untersucht, ob Wohneigentum tatsächlich heutzutage weniger erschwinglich ist. Vier Jahrzehnte wurden analysiert, um im langfristigen Vergleich zu klären, ob auch an dieser Stelle „alles teurer geworden ist“. Dafür sind verschiedene Größen entscheidend: Wie hoch sind die Einkommen, wie teuer die Immobilien und wie ist schließlich die Zinshöhe für das Darlehen. Die Korrelation dieser Zahlen ergibt dann einen Vergleich zur Entwicklung. Dabei wurde für den sogenannten „Erschwinglichkeitsindex“ das dritte Quartal 1980 mit einem Wert von 100 zugrunde gelegt. Damals betrug der Zins 10,6 Prozent, so dass es 1981 zu einem Allzeithoch von 115,5 Punkten kam. Doch schon ab 1983 verbesserte sich der Zugang zum privaten Wohneigentum. Wichtigster Grund dafür ist die Zinsentwicklung, die im Zuge der rückläufigen Inflation ebenfalls deutlich nachgab. Zusätzlich kam es Mitte der 90er-Jahre zu einer regen Bautätigkeit, die schließlich sogar zu einem Überangebot führte. Und schließlich haben Löhne und Gehälter zugelegt. In den 10er-Jahren des neuen Jahrtausends stiegen dann aber die Preise deutlich an. Das war nicht nur bei den Immobilien infolge der Knappheit so, sondern auch bei den Zinsen. Die EZB schwenkte auf eine Nullzinspolitik und die Teuerung blieb unterhalb der wegweisenden 2 Prozent. Das hat sich geändert, die Zentralbank hat innerhalb eines Jahres die Zinsen so stark verteuert wie noch nicht zuvor. Die vorgegebenen Werte schlugen direkt auf die Hypothekenfinanzierung durch. Das IW nennt nun einige Gründe, warum das Erleben der Käufer ein anderes ist. In früheren Jahrzehnten ging man davon aus, dass die Zins-Tilgung durch steigende Löhne über die Jahre leichter fallen würde. Hinzu kamen Eigenleistungen der Erwerber, die im Durchschnitt auch wesentlich jünger waren. Außerdem wurde es durch die schwachen Sparzinsen der letzten Jahre schwieriger, Eigenkapital zu bilden. Gestiegen sind auch die Erwartungen an die Wohnfläche. Bleibt die durchschnittliche Wohnfläche 1991 noch bei 35 Quadratmetern, so betrug sie 2020 – auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung – fast 48 Quadratmeter pro Person. Am aktuellen Rand (seit 2020) steigt der Index wieder und steht nunmehr bei gut 40 Punkten – einem immer noch guten Wert.
Mittelstand beendet Preis-Rallye
Einen weiteren guten Grund auf eine Reduktion der Teuerungsraten zu setzen, gibt die Entwicklung der Angebotspreise bei den mittelständischen Unternehmen, wie sie die Creditreform Wirtschaftsforschung im Oktober erhoben hat. Zwar sprechen immer noch 40 Prozent der Betriebe im Mittelstand von gestiegenen Angebotspreisen – im Vorjahr waren es allerdings 72 Prozent. Jetzt ist auch wieder von Preissenkungen die Rede: 11,5 Prozent nennen diese in der aktuellen Befragung, im Vorjahr waren es nur 3 Prozent. Immer noch ist es die Baubranche, die am stärksten von gestiegenen Angebotspreisen spricht. 45 Prozent berufen sich darauf und dies trotz der rückläufigen Nachfrage. Welche Rolle die Nachfrage bei der Preisgestaltung auch bei höheren Einkaufspreisen spielt, zeigt der Handel. Überdurchschnittlich spricht hier jeder fünfte Betrieb von Preissenkungen. Vor einem Jahr waren es nur 6,4 Prozent. Diese positive Entwicklung für die Inflation wird sich wohl fortsetzen: So sind steigende Angebotspreise nur noch für 32 Prozent der befragten KMU eine Option für die Zukunft – fast 60 Prozent wollen die Preise auf dem aktuellen Niveau stabil halten. Dabei sind es vor allem die Dienstleister, die noch Spielraum für Preiserhöhungen im nächsten halben Jahr sehen: Ein gutes Drittel möchte höhere Preise am Markt durchsetzen.
Es ist davon auszugehen, dass der Preisauftrieb der letzten anderthalb Jahre nun tatsächlich gebrochen ist. Auch wenn die EZB eine Zinspause eingelegt hat und angesichts der weiterhin schwächelnden Konjunktur in Deutschland sowie in Europa wohl keine Zinserhöhungen ins Auge gefasst sind, werden die Preise wohl nicht weiter steigen. Ein Problem für die Inflation ist allerdings der Nahe Osten. Bei einem Flächenbrand des Krieges könnte es wieder zu einem Öl-Embargo kommen – mit dem Beginn einer breiten Preissteigerung, wie durch die Energiekrise, die vom Krieg in der Ukraine ausgelöst wurde.
Quellen: Creditreform Wirtschaftsforschung, Destatis, Institut der deutschen Wirtschaft