Presse, Fachbeiträge & Neuigkeiten

Hier finden Sie eine Übersicht unserer aktuellsten Veröffentlichungen.

Risikomanagement Newsletter

Stimmung im Mittelstand: Nah an der Depression

Was für die Konjunktur in Deutschland 2024 insgesamt gilt, das gilt auch für den Mittelstand. Die Creditreform Wirtschaftsforschung führt seit über vier Jahrzehnten alljährlich im Frühjahr und Herbst eine repräsentative Befragung unter mittelständischen Betrieben in Deutschland durch.

Die Aussagen der kleinen und mittleren Unternehmen erreichten einen neuen Tiefststand und dies zum zweiten Mal infolge. Deutschland hat im letzten Jahr beim Bruttoinlandsprodukt einen Wert von minus 0,3 Prozent einstecken müssen, im laufenden Jahr gehen die führenden Forschungsinstitute, die gerade ihre Gutachten im September vorgelegt haben, von einem weiteren Minus in Höhe von 0,1 Prozent aus. Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet in seiner Herbstprojektion mit einem Rückgang von 0,2 Prozent. Eine solche Durststrecke hat die deutsche Wirtschaft letztmals 2002 und 2003 erlebt. Der Creditreform Geschäftsklimaindex ist ebenfalls weiter gesunken – von minus 1,2 Punkten im Vorjahr auf aktuell minus 4,8 Punkte.

Klima im Keller

Der Creditreform Index basiert auf einer Komponente zur Bewertung der aktuellen Lage und einer weiteren Komponente zu den Erwartungen für die Zukunft. Immerhin haben sich die Geschäftserwartungen auf einem positiven Wert von 0,3 Punkten halten können, im Vorjahr waren es allerdings noch 2,5 Punkte. In den Jahren vor dem Beginn der Krise bewegte sich der Geschäftsklimaindex bei über 20 Punkten. Eine wichtige Rolle für den Gesamtindex spielt die Umsatzentwicklung der Befragten. Der Saldo aus steigenden und rückläufigen Umsätzen liegt aktuell bei minus 6,5 Prozentpunkten. Am positivsten unter den Wirtschaftssektoren schneidet hier noch der Dienstleistungsbereich ab, der zu 30,9 Prozent gestiegene Umsätze im letzten halben Jahr erreichen konnte. An letzter Stelle steht der mittelständische Handel, der nur zu 15,2 Prozent Umsatzzuwächse sehen konnte. 43,4 Prozent des Handels aber haben rückläufige Umsätze; im Dienstleistungsbereich sind es immerhin noch 20,7 Prozent. Knapp über der Nulllinie stehen die Erwartungen im Hinblick auf die Umsätze. Der Saldo liegt bei 1,7 Prozentpunkten. Für die Umsätze spielt die Preisentwicklung eine nicht unbeträchtliche Rolle und entsprechend gaben 29,9 Prozent der KMU an, dass sie ihre Angebotspreise zukünftig erhöhen werden. Diese Aussage hat die EZB für ihre weitere Zinsstrategie zu berücksichtigen. Negativ ist der Saldo auch bei der Personalentwicklung – hier waren es nur 15,5 Prozent, die noch aufstocken konnten, aber 21,2 Prozent, die sich von Mitarbeitern trennen mussten. Von einem Aufbau ihres Personalstamms in Zukunft gehen noch 15,2 Prozent aus – 11,4 Prozent werden sich (weiter) verkleinern. Vielfach beklagt wird, dass es in Deutschland nicht nur am Konsum der privaten Verbraucher, sondern auch am Investitionswillen der Unternehmen fehle. Tatsächlich geben sich nur 40,4 Prozent der Befragten investitionsbereit, bis zum Ausbruch der Krise waren es immer mehr als 50 Prozent der Mittelständler, die angaben, Investitionen vorzunehmen. Wenig verwunderlich in der aktuellen Lage ist, dass nur knapp 50 Prozent der Investitionswilligen in Erweiterungen investieren wollen, aber 54,9 Prozent nur die notwendigen Ersatzinvestitionen vornehmen möchten. Am ungünstigsten ist die Investitionsbereitschaft im Bau und im Handel.

Wenn es an Aufträgen fehlt, wenn Personal nicht zu halten ist oder sich nicht findet und wenn von Investitionen Abstand genommen wird, weil die Notwendigkeit dafür nicht gegeben erscheint, dann sieht es auch bei den Erträgen düster aus. 18,6 Prozent berichteten von gestiegenen Gewinnen, aber 34,7 Prozent hatten sinkende Erträge hinzunehmen. Die Ertragslage hat sich besonders beim Verarbeitenden Gewerbe verschlechtert, wo 44,7 Prozent von Rückgängen berichteten. Die zukünftige Ertragslage wird zwar besser eingeschätzt als die aktuelle Situation, bleibt per Saldo aber unter der Nulllinie – 19,8 Prozent erwarten eine steigende Gewinnkurve, 26,4 Prozent eine abnehmende.

Die kleinen und mittleren Betriebe halten ihr Geld zusammen. Angesichts schwacher Erträge und flauer Investitionszusagen ist das nachvollziehbar und kommt der Eigenkapitalsituation entgegen. Seit dem Beginn der Gesamtkrise im Jahr 2020 hat die Zahl der Unternehmen mit einem kräftigen Eigenkapital von über 30 Prozent von 33,0 auf aktuell 35,4 Prozent zugenommen. Entsprechend verringert hat sich der Anteil von Betrieben mit einer schwachen Eigenkapitaldeckung (unter 10 Prozent) auf 26,7 Prozent in 2024.

Auch Forschungsinstitute sehen kein Licht am Horizont

Bestimmt ist die aktuelle Lage im Mittelstand und in der Wirtschaft insgesamt von Stagnation. Auch das bereits erwähnte Gutachten der führenden Forschungsinstitute geht für die Jahre 2025 und 2026 von einem hauchdünnen Wachstum von 0,8 Prozent beziehungsweise 1,4 Prozent des BIP aus. Der Strukturwandel belastet die deutsche Wirtschaft: „Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China haben strukturelle Anpassungsprozesse ausgelöst, die die Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft dämpfen. Diese Strukturprobleme zu lösen, ist Aufgabe der Wirtschaftspolitik, welche die Rahmenbedingungen für das unternehmerische Handeln zu geben hat.“ Doch die Beurteilungen der Mittelständler zur Arbeit der Bundesregierung fallen dezidiert negativ aus. Fast 80 Prozent Befragten erteilen hier ein negatives Votum und nur 1,2 Prozent sprechen von einer positiven Arbeit der Bundesregierung. Wo müsste die Politik aktiv werden, wo drückt die KMU der Schuh? Deutlich an erster Stelle der Nennungen liegt der Bürokratieabbau mit 77,6 Prozent, es folgen der Arbeits- und Fachkräftemangel mit 69,2 Prozent, die Energiekosten mit 54,8 Prozent und eine mangelnde Planungssicherheit mit immerhin noch 51,3 Prozent. Auf gleicher Höhe bei den Nennungen liegen die Inflation und das hohe Zinsniveau (jeweils 33,2 Prozent), das es schwierig macht, eine erschwingliche Fremdfinanzierung sicherzustellen. Genannt wird auch der Mangel an Infrastruktur im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung (31,6 Prozent).

Die Schwäche der Konjunktur hat die Wirtschaft in Deutschland in ihrer ganzen Breite erfasst. Das trifft Großunternehmen und kleine Mittelständler gleichermaßen. Die Wirtschaftspolitik muss jetzt Geradlinigkeit und Tatkraft unter Beweis stellen.

Quellen: Creditreform, Gutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute



KontaktKontakt